Nach dreieinhalb Stunden war ihre Flucht schon wieder vorbei, doch der Weg in die Freiheit war spektakulär: Mit Hilfe geringer Vorsprünge an einer über zehn Meter hohen Fassade hätten sie sich empor gehangelt, schilderte Justizminister Thomas Kutschaty. Diese Leistung hätte die Wärter überrascht.
Schwerte/Düsseldorf.
Es ging alles blitzschnell. Nur wenige Sekunden brauchten die beiden Ausbrecher für die Flucht über die Gefängnismauer in Schwerte. Jeder Griff saß. Zeugen fühlten sich später an den Film „Spiderman“ erinnert. Nur dreieinhalb Stunden später war der Spuk vorbei: Da klickten bei der Festnahme in einem Dortmunder Vorort die Handschellen.
Was Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) fünf Tage nach der spektakulären Flucht der Gefangenen im Justizausschuss des Landtags berichtete, klang wie ein nervenkitzelnder Krimi. Beim Hofgang hatten sich ein 24-jähriger Dieb und ein 28-jährige Drogendealer an einem Fenstergitter hochgezogen und an der Fassade bis auf neun Meter Höhe nach oben gehangelt. Von dort kletterten die Flüchtigen über das Fenster eines Gebäudeflures auf ein Nachbargebäude und weiter auf das zehn Meter hohe Dach.
Flüchtlinge seilten sich mit Bettlaken ab
Dass die beiden Wächter bei der Verfolgung bis auf zwei Meter an die Ausbrecher heran liefen und gleichzeitig mit den Personennotrufgerät Alarm auslösten, störte die beiden Ganoven nicht. Eine Beamtin, die aus dem Abteilungsbüro im zweiten Stockwerk den Ausbruch bemerkte und noch versuchte, einen Flüchtling am Fuß festzuhalten, wurde einfach „abgeschüttelt“.
Mit zwei aneinander geknoteten Bettlaken, die sich ein Häftling unbemerkt vor Beginn der Freistunde um den Oberkörper gewickelt und unter dem T-Shirt verborgen hatte, seilten sich die Häftlinge aus großer Höhe ab – und ergriffen die Flucht.
Justizminister sieht „auch Glück“ als Grund für Ausbruch
Justizminister Kutschaty sieht die Gründe für die zunächst erfolgreiche Flucht in einem „Zusammenspiel von Überraschungseffekt, einer schon bemerkenswerten sportlichen Leistung der Gefangen und auch Glück“. Schließlich hätten die Häftlinge beim Ausbruch einen Weg gewählt, „der bei erstem Hinsehen als kaum zu bewältigen schien“, räumte der Minister ein.
Mit Hilfe geringer Vorsprünge an einer über zehn Meter hohen Fassade hätten sie sich empor gehangelt und die damit verbundene Lebensgefahr komplett außer Acht gelassen. Dass die Häftlinge in „schwindelerregender Höhe“ des 3.Stockwerks umherturnten, habe auch die Aufsichtspersonen „völlig überrascht“, sagte Kutschaty.
JVA Schwerte erhöht die Sicherheitsvorkehrungen
Als Sofortmaßnahme hat die Schwerter Haftanstalt die Aufsicht für Freistunden auf drei Kräfte erhöht. Außerdem wird geprüft, ob zusätzlicher Nato-Draht in Dachwinkeln angebracht werden muss. Alle Haftanstalten wurden unter Übersendung eines Fotos vom Ausbruchsweg aufgefordert, kurzfristig zu prüfen, ob „in ihren Anstalten ähnliche Ausbruchsversuche, auch auf artistische und lebensgefährliche Art, möglich erscheinen“.