Kurz vor der entscheidenden Runde bei den Tarifverhandlungen in der Metallindustrie schlägt die nordrhein-westfälische IG Metall Alarm.
Essen.
Seitdem der Gesetzgeber den Anspruch auf Altersteilzeit 2009 abgeschafft hat, springen in den großen Branchen die Gewerkschaften ein und handeln eigene Lösungen aus. Der drohende Fachkräftemangel und die neue Rente mit 63 lassen die Begeisterung der Arbeitgeber für tarifliche Frühverrentungsmodelle jedoch sinken. Deshalb wird die Altersteilzeit zum Knackpunkt der Tarifrunde für die Metall- und Elektroindustrie. Am heutigen Montag soll in Baden-Württemberg ein Pilotabschluss gelingen, der auch für die anderen Bezirke gilt. Vor der entscheidenden Runde schlägt jedoch die IG Metall in NRW Alarm, weil kurz vor Toresschluss die Arbeitgeber im Südwesten größere Einschnitte bei der Altersteilzeit ins Spiel bringen.
Die Metallarbeitgeber im Südwesten wollen bei der Altersteilzeit nicht nur den Kreis der Anspruchsberechtigten von vier auf zwei Prozent der Belegschaft halbieren, sondern auch die Dauer der Altersteilzeit verkürzen. Derzeit gibt es eine sechsjährige Altersteilzeit mit drei Jahren aktiver und drei Jahren passiver Phase.
Ein harter Brocken
Details sind bisher nicht bekannt, aber würde man bei ganzen Jahren bleiben, hieße eine Verkürzung im nächsten Schritt eine Reduzierung der aktiven und passiven Phase um je ein Jahr. Die Beschäftigten könnten also erst zwei Jahre später die Altersteilzeit beginnen. Zur Ruhe setzen könnte sich ein heute 61-Jähriger, der 2019 das gesetzliche Rentenalter erreicht, dann erst mit 63 Jahren und acht Monaten, die folgenden Jahrgänge noch später.
Für Knut Giesler, Chef der IG Metall in NRW, ist das ein harter Brocken. Die Altersteilzeit sei gerade in NRW ein „sehr wichtiges und emotionales Thema“, weil im Schichtbetrieb „die meisten nicht unbeschadet bis zum gesetzlichen Rentenalter durchhalten“, wie er dieser Zeitung sagte.
„Der Einzelne soll nicht beim Chef betteln müssen“
In Baden-Württemberg heißt es, betriebliche Öffnungsklauseln könnten eine Einigung ermöglichen. Davon hält Giesler nicht viel: „Wir brauchen bei der Altersteilzeit verlässliche, individuelle Ansprüche. Der Einzelne soll nicht beim Chef darum betteln müssen.“ Grund für seine Skepsis dürfte sein: Im Ländle dominieren Konzerne wie Daimler, Bosch und Porsche die Branche – mit wenigen Betriebsvereinbarungen kann die Arbeitnehmerseite hier viel erreichen. Die Metallindustrie in NRW aber ist geprägt durch viele kleine und mittelständische Betriebe, wo das schwerer fiele.
Beim Lohn – die Gewerkschaft fordert 5,5, die Arbeitgeber bieten 2,2 Prozent – gilt eine Einigung als machbar. In NRW, wo die Übernahme des möglichen Pilotabschlusses am Dienstag für 750 000 Beschäftigte verhandelt wird, kommt das Thema Bildungsteilzeit hinzu. Hier gab es im Vorfeld eine Annäherung bei der Ausweitung der Fortbildungs-Möglichkeiten.