Veröffentlicht inPolitik

Geldsegen – aber NRW-Straßenbauern gehen Ingenieure aus

Geldsegen – aber NRW-Straßenbauern gehen Ingenieure aus

116560073-422.jpg
Foto: FUNKE Foto Services
Jetzt ist endlich das Geld da – und nun droht die lang ersehnte Sanierung der Straßen in Nordrhein-Westfalen daran zu scheitern, dass die Ingenieure fehlen

Essen. 

Der nie dagewesene Geldsegen aus dem neuen Bundesverkehrswegeplan für die dringend nötige Sanierung der maroden NRW-Verkehrsinfrastruktur könnte sich zum Fluch für das Land entwickeln. Weil Ingenieure fehlen und beim Landesbetrieb Straßen NRW jahrelang systematisch Stellen abgebaut wurden, droht dem von NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) ausgerufenen „Jahrzehnt der Baustellen“ der Personalkollaps.

An allen Ecken und Kanten fehlen Straßen- und Brückenbauer. Händeringend sucht das Land Planungs- und Tiefbauingenieure sowie Vermessungsspezialisten – und findet sie nicht. 105 Ingenieurstellen hat Straßen NRW im laufenden Jahr ausgeschrieben. 43 konnten bisher erst besetzt werden.

Der Markt für Bauingenieure ist leer gefegt“

„Der Markt für Bauingenieure ist leer gefegt, vor allem im Bereich Tiefbau“, bestätigt die Agentur für Arbeit NRW. Ein Grund: Bei der Suche nach geeigneten Kandidaten stößt die Behörde auf starke Konkurrenz vor allem aus der Privatwirtschaft. Nach Einschätzung von Arbeitsmarktexperten können Ingenieure bei Unternehmen und Konzernen schon beim Einstiegsgehalt leicht 10 000 Euro pro Jahr mehr verdienen als im öffentlichen Dienst.

Eigentlich ist die Personalnot der NRW-Straßenbauer noch deutlich größer, als die aktuellen Stellenausschreibungen bei Straßen NRW vermuten lassen. Das zeigt eine Berechnung des Verkehrsministeriums, die der WAZ vorliegt. Denn um auch nur annähernd die 13,8 Milliarden Euro fristgemäß verbauen zu können, die NRW bis 2030 allein für den Fernstraßenbau in Berlin abrufen darf, müsste das Land die Rekordzahl von 500 zusätzlichen Ingenieuren einstellen – illusorisch angesichts der angespannten Kassenlage.

Zwar konnte ein Teil der Ingenieur-Kapazitäten durch Umorganisation innerhalb der Behörde gewonnen werden. Doch noch immer bleibt ein Bedarf von 150 Vollzeitstellen. 50 davon will Minister Groschek bei Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) 2017 als Mehrbedarf loseisen. Für den Rest muss das Land private Planungsleistung zukaufen. Der entsprechende Etat wurde auf den höchsten Wert seit zehn Jahren aufgestockt. Unterstützung kommt von der „Deutsche Einheit Fernstraßenbau Gesellschaft“. Der einst für den Aufbau Ost gegründete Bundesbetrieb hilft nun beim Aufbau West und baut unter anderem die A 40-Rheinbrücke in Duisburg.