Das Fernsehexperiment „Terror“ war ein großer Quotenerfolg für die ARD. Doch man darf hier nicht Fiktion mit Realität verwechseln.
Ist ein Bundeswehrpilot, der ein Flugzeug mit 164 Menschen abschießt, um damit einen Angriff auf ein voll besetztes Fußballstadion zu verhindern, schuldig oder nicht schuldig? 609 000 Menschen haben am Montagabend darüber abgestimmt. Das ist in gewisser Weise grotesk – einerseits. Fernsehzuschauer werden hier zu Geschworenen gemacht, die es in Deutschland ja gar nicht gibt. Und sie urteilen über einen Vorgang, den es in Deutschland so gar nicht geben darf. Ferdinand von Schirachs „Terror“ ist ein Theaterexperiment, eine Versuchsanordnung, die zu einem Fernsehereignis aufgeblasen wurde, das uns letztlich eine falsche Realität vorgaukelt. Hier ging es eben nicht um einen Volksentscheid, Gott und das Grundgesetz bewahre! Niemand, der abgestimmt hat, muss Verantwortung für seine Entscheidung tragen. Was wir gesehen haben, war ein interaktives Fernsehspiel. Also: Fiktion.
Andererseits: Fast sieben Millionen Menschen saßen gebannt vor einem sehr anspruchsvollen Kammerspiel, das einzig und allein auf Frage und Antwort, auf Rede und auf Gegenrede setzte. Es war ein Fernsehfilm, der unter die Haut ging und der entscheidende Fragen nach Würde und Moral, nach dem Wert von Leben und unserem Verständnis von Rechtsstaat aufwarf, die jeder für sich persönlich hinterfragen und abarbeiten kann – und vielleicht sogar sollte. Wir müssen nach diesem Abend nicht unser Leben ändern oder die Verfassung neu diskutieren. Er ist Anregung zum Nachdenken – nicht mehr, aber auch nicht weniger.