Nur die Liberalen wollen auf gesetzliche Regelungen zur Frauenförderung verzichten. „Auch eine Flexiquote wird es mit uns nicht geben“. Die Unternehmen selbst haben begonnen, ihre Frauen mit familienfreundlichen Programmen zu fördern.
Berlin.
Keine Frauenquote in dieser Wahlperiode: Nach der endgültigen Absage der FDP an eine gesetzliche Quotenregelung für Frauen in Führungsetagen wächst der Unmut bei den Unionsfrauen. Einzelne Abgeordnete drohen bereits, eine Mehrheit außerhalb der Koalition zu suchen.
Es war ein denkwürdiger Briefwechsel: Anfang Februar drängten CDU-Frauenministerin Kristina Schröder und ihre Parteifreundin Rita Pawelski die Kolleginnen von der FDP, sich einen Ruck zu geben und für eine gesetzliche Quotenregelung zu stimmen. Es wäre höchste Zeit – 2013 werden viele Aufsichtsräte neu besetzt, wer jetzt kein Gesetz auf den Weg bringt, kommt zu spät.
Die Antwort der FDP brauchte drei Wochen und lautet: nein. Begründung: „Nicht erforderlich“. Mag Brüssel noch so sehr mahnen, mit Schwarz-Gelb wird es keine gesetzliche Regelung geben. Nicht einmal Schröders „Flexiquote“.
Mit dem „Nein“ der FDP ist auch das Kompromissmodell der Ministerin vom Tisch, dass sie sich ausgedacht hatte, um den Liberalen eine Brücke zu bauen und die Unternehmen selbst über ihre Quoten bestimmen zu lassen. „Auch eine Flexiquote wird es mit uns nicht geben“, so Nicole Bracht-Bendt, frauenpolitische Sprecherin der FDP, gegenüber unserer Zeitung. „Nett“, fand sie den Brief der Ministerin, aber kein Grund, von der Parteilinie abzuweichen. „Wir in der FDP“, schreibt sie genau eine Woche vor dem Internationalen Frauentag an Schröder, „kommen zu anderen Schlussfolgerungen als Sie.“
„Völlig illusionslos“
Das gilt nicht für alle. Sibylle Laurischk und eine Handvoll weiterer FDP-Frauen im Bundestag scheren aus. Laurischk ist Vorsitzende des Familienausschusses und hat die parteiübergreifende „Berliner Erklärung“ für eine 30-Prozent-Quote in Aufsichtsräten unterschrieben. Da liegt der Gedanke nah: Warum nicht einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf starten? „Ein kleiner Kreis von Kolleginnen könnte sich für die Quote erwärmen.“ Hoffnung auf einen Gesinnungswandel in ihrer eigenen Partei hat Laurischk jedoch nicht: „Da bin ich völlig illusionslos.“
Bei vielen Unionsfrauen dagegen ist die Kampfbereitschaft nach dem Briefwechsel ungebrochen. Während Ministerin Schröder die Absage gelassen nahm, bekräftigte Dorothee Bär, familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU, wie wichtig eine gesetzliche Quote sei. Auch die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will nicht länger auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen setzen.
Es gibt eine Mehrheit jenseits der FDP
Rita Pawelski, Sprecherin der Unionsfrauen, geht noch einen Schritt weiter: „Wenn sich die FDP trotz ihrer Zusage im Koalitionsvertrag einer Regelung komplett verweigert, würde ich – als Ultima Ratio – auch einem Gesetzentwurf der Opposition zustimmen“, so Pawelski gegenüber unserer Zeitung. Das Signal an die Liberalen ist klar: Es gibt eine Mehrheit jenseits der FDP. Sozialdemokraten, Grüne und Linke fordern seit Jahren genauso wie CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen eine Frauenquote.
In Europa stimmen mittlerweile drei Viertel der Bürger einer gesetzlichen Frauenquote zu – in Deutschland dagegen gibt es zwar öffentliche Aufrufe für die Quote, doch eine breite Frauenbewegung ist bisher nicht zu Stande gekommen.
Die „Berliner Erklärung“ haben nach drei Monaten erst 13 000 Bürger unterschrieben, die Initiative „Pro Quote“, gestartet von 300 Journalistinnen, wird von 1500 Frauen und Männern unterstützt. Sie richtet sich nur an die eigene Branche. „Warum gibt es keine breitere Frauenbewegung wie damals beim Paragraf 218?“ fragt Sybille Laurischk und antwortet sich selbst: „Die Führungsfrage ist eine spezielle Frage, die nicht jede Frau in ihrem Alltag erreicht.“ Doch die FDP-Frau weiß aus eigener Erfahrung: „Es betrifft aber am Ende jede.“
Firmen holen bei der Frauenförderung auf
Deutsche Unternehmen reden nicht nur über die Erhöhung des Frauenanteils, sie handeln auch. Laut der aktuellen McKinsey-Studie „Women Matter“ investieren 80 Prozent der an der Untersuchung beteiligten Unternehmen in die Förderung von Frauen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Damit liegt Deutschland über dem europäischen Durchschnitt.
Laut Studie bieten fast alle Unternehmen flexible Arbeitszeiten und Home-Office-Möglichkeiten an, ermöglichen den reibungslosen Wechsel von Voll- in Teilzeit und unterstützen Mitarbeiter bei der Kinderbetreuung. Die meisten Programme wurden erst im Jahr 2010 eingeführt – weshalb die Wirkung, so McKinsey, sich erst in den kommenden Jahren zeigen werde.
Noch bleibt Deutschland mit drei Prozent Frauen in Vorständen internationales Schlusslicht. Aber der Einsatz beginnt sich auszuzahlen: Im vergangenen Jahr waren 16 Prozent der neu besetzten DAX-Vorstände Frauen.
In Deutschland sind durchschnittlich 31 Prozent aller Mitarbeiter Frauen, aber nur 14 Prozent ab Abteilungsleiterebene.
Um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, müsse sich, so McKinsey, das Management für die Frauenförderung einsetzen. Wichtig seien auch interne Zielvorgaben für Frauenanteile auf bestimmten Positionen. Die besten Unternehmen, heißt es in der Studie, analysierten die Gehaltsentwicklung von Männern und Frauen oder ihre Beförderungsmuster.