Es sollte sich als gutes Omen für Erika Steinbach erweisen: Mitten im Weihnachtseinkauf stürmte vor einigen Wochen in Frankfurt am Main eine Frau auf sie zu und fragte „Frau Steinbach“, dankte dann der CDU-Politikerin überschwänglich „für alles“ und küsste sie auf die Wangen.
Frankfurt/Main (dapd-hes). Es sollte sich als gutes Omen für Erika Steinbach erweisen: Mitten im Weihnachtseinkauf stürmte vor einigen Wochen in Frankfurt am Main eine Frau auf sie zu und fragte „Frau Steinbach“, dankte dann der CDU-Politikerin überschwänglich „für alles“ und küsste sie auf die Wangen. Am Samstag schließt die 69-jährige Vertriebenenpräsidentin ihre Vorstellungsrede vor der CDU-Wahlkreisversammlung in Frankfurt am Main nun mit den Worten: „Küssen müssen Sie mich nicht, aber wenn Sie mir ihre Stimme geben, dann danke ich Ihnen.“
Ihre Bitte wird erhört, auch wenn Steinbach zwei Wahlgänge benötigt, um sich in der Kampfabstimmung gegen ihre beiden jüngeren Herausforderer in der Partei durchzusetzen. Der 30 Jahre alte Vorsitzende der Frankfurter Jungen Union, Ulf Homeyer, der sie am offensten angegriffen hatte, fliegt schon im ersten Wahlgang mit nur 32 Stimmen aus dem Rennen. Und der 55-jährige Rechtsanwalt und Kulturpolitiker Thomas Dürbeck unterliegt dann in der Stichwahl mit 65 zu 83 Delegiertenstimmen.
Es war nicht Steinbachs rechtes Profil, das die Gegenkandidaten auf den Plan gerufen hatte. Beide Rivalen werden wie sie selbst dem konservativen Lager innerhalb der CDU zugerechnet. Vielmehr argumentieren die Anhänger von Homeyer damit, es sei nach 23 Jahren Zeit für Erneuerung und einen personellen Wechsel im östlichen Frankfurter Wahlkreis. Mit fast 70 könnte Steinbach Platz für einen jüngeren Kandidaten machen, und zudem sei die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen zu wenig präsent in Frankfurt.
Der Bundestagskandidat müsse allenthalben für die Bürger ansprechbar sein, sagt Homeyer und fügt hinzu: „Es genügt nicht, ab und zu Pressemitteilungen zu veröffentlichen, die mit Frankfurt gar nichts zu tun haben.“ Der eigentlich als Außenseiter gestartete weitere Gegenkandidat Dürbeck argumentiert geschickter, fordert ein kulturpolitisches Profil der CDU ein und mahnt, auch das Thema Fluglärm ernst zu nehmen.
Kandidatin punktet mit dem Struwwelpeter
So kommt nicht der jüngste der beiden Kandidaten, sondern der bedächtigere Mittfünfziger in die Stichwahl gegen das politische Schwergewicht aus Berlin. Doch Steinbach hat nicht nur das Glück, in alphabetischer Reihenfolge als letzte der drei Kandidaten reden zu dürfen. Sie versteht es auch, mit einer Mischung aus Leidenschaft und betont konservativem Profil, die Frankfurter Parteifreunde noch einmal hinter sich zu bringen. Die Geschichte von der küssenden Frau beim Einkaufen kommt gut an, klingt sie doch fast so ein wenig wie der Beleg dafür, dass Steinbach beim einfachen Wähler besser ankommt als bei ihren karrieresüchtigen Herausforderern jüngeren Semesters in der eigenen Partei.
„Seit 1990 vertrete ich diese faszinierende Stadt im Bundestag und möchte es weiter tun“, ruft Steinbach. Auch der prominente Grüne Joschka Fischer sei einst angetreten, ihr den Wahlkreis abzunehmen – und gescheitert. Ein wenig kokettiert die Politikerin mit ihrem Alter: Die über 65-jährigen seien im Bundestag unterrepräsentiert, und sie werbe ja für einen Ausgleich zwischen den Generationen.
Schließlich zieht die resolute CDU-Politikerin noch einmal alle Register. Ein Kampf gegen Menschenhandel und Christenverfolgung sei auch in Deutschland erforderlich, sagt Steinbach. Und: Die Liebe zum Vaterland sowie der Schutz von Ehe und Familie seien keineswegs Themen von gestern. Steinbach fordert härtere Strafen bei Gewalt gegen Polizisten, warnt vor Islamisten und fordert Änderungen am „rot-grünen Prostitutionsgesetz“, das Kinderhandel begünstige. Am stärksten aber wird der Beifall, als die Vertriebenenpräsidentin ausruft: „Ich halte gar nichts davon, Kinderbücher politisch korrekt umzuschreiben. Dann bleibt auch von unserem Frankfurter Struwwelpeter bald nichts mehr übrig.“
Am Ende bleibt den jüngeren Gegenkandidaten nichts anderes übrig, als der fast 70-Jährigen zum Sieg zu gratulieren und ihr Unterstützung im Bundestagswahlkampf zuzusichern.
dapd
2013-01-19 17:48:03.0