Der in der CDU verehrte Ex-Finanzminister Helmut Linssen parkte Geld in mittelamerikanischen Briefkastenfirmen – und riskiert damit seinen guten Ruf. Linssen verteidigt sich: „Ich habe keine Steuern hinterzogen.“
Düsseldorf.
Als Helmut Linssen Anfang 2010 den ersten Kauf einer CD mit offenbar gestohlenen Daten von deutschen Steuerflüchtlingen in der Schweiz einstielte, verteidigte der damalige NRW-Finanzminister mit dem ehrfürchtig geraunten Rufnamen „Eiserner Helmut“ das umstrittene Vorgehen seiner Behörden: Der Staat sei verpflichtet, jedem Verdacht auf Steuerhinterziehung nachzugehen. Würde er dies nicht tun, sei dies „Strafvereitelung im Amt“. Alle Betrüger mit Schwarzgeldkonten im Ausland drängte Linssen zur Selbstanzeige: „Jeder ist gut beraten, wenn er die rechtlichen Möglichkeiten nutzt.“
Wenn sich bestätigt, was der „Stern“ berichtet, fand sich auch Linssens Name im selben Jahr in solch einem brisanten Datensatz, den das Land NRW 2010 ankaufte. Der heute 71-jährige CDU-Politiker soll jahrelang selbst Geld in einer Briefkastenfirma in Mittelamerika verborgen haben.
830.000 Euro über Luxemburg auf die Bahamas
Mit Hilfe der Bank HSBC Trinkhaus&Burkhardt habe Linssen 1997 insgesamt 829.322 Mark über Luxemburg in einen Trust auf den Bahamas und später in Panama geschleust. Die letzte Auszahlung, die Linssen bar in Luxemburg abgeholt habe, soll sich über 141.113 Euro belaufen. Das Konto wurde offenbar 2004 geschlossen. Ein Strafverfahren wurde 2012 eingestellt, weil Linssen wegen der Verjährungsfristen nur für die Jahre 2001 bis 2005 nicht versteuerte Zinserträge offenlegen musste. Sein Glück: In diesen Jahren des weltweiten Börsenabschwungs erzielte er keine Gewinne.
Linssen betonte gestern, dass er keineswegs Schwarzgeld gebunkert, sondern das rechtmäßig erworbene Vermögen seiner verstorbenen Eltern im Ausland angelegt habe. Dennoch hinterließ die Finanzkonstruktion Bahamas-Panama inklusive Geldkoffer-Transfer aus Luxemburg gestern in Düsseldorf einen verstörenden Eindruck.
Wichtiger Kontaktmann für Merkel
Linssen wird in weiten Teilen der Union als „ehrbarer Kaufmann“ verehrt. Er ist als Bundesschatzmeister der CDU seit 2010 der wichtigste Kontaktmann der Parteichefin Merkel zu Großspendern. Zudem verwaltet er als Finanzchef der RAG-Stiftung ein gewaltiges öffentliches Vermögen. Linssens Amtszeit als Finanzminister von 2005 bis 2010 wird von der CDU bis heute als Zeit des soliden Wirtschaftens in Gold gerahmt und zum Gegenentwurf der Arbeit des heutigen SPD-Finanzministers Norbert Walter-Borjans stilisiert.
Linssen, promovierter Diplom-Ökonom aus Geldern am Niederrhein, gilt als Parade-Konservativer. Gescheitelt, geerdet, geradeheraus. Der Porsche-Fahrer hatte einst den Agrarhandel seiner Eltern übernommen und kann mit Menschen ebenso umgehen wie mit Zahlen. 1995 wurde er als CDU-Gegenkandidat zu Ministerpräsident Johannes Rau einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Der heutige finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagfraktion, Marcus Optendrenk, war Büroleiter des Finanzministers Linssen und schwärmte einmal: „Ich habe bei meinem früheren Chef gelernt, dass man nicht mehr Geld ausgeben darf, als man einnimmt. Für mich ist der ehrbare Kaufmann mein politisches Leitbild.“
„Bin makellos herausgekommen“
Geraune über Linssens angebliche private Finanzakrobatik im Ausland gab es in Düsseldorf schon länger. Vor einem Jahr stellte diese Zeitung eine offizielle Anfrage an die Landesregierung, erhielt aber nur die Auskunft, es liege nichts vor. Als der „Stern“ nun die konkreten Geldflüsse recherchieren konnte, räumte Linssen ein: „Oh Gott. Oh Gott, oh Gott. In grauer Vorzeit. Tja.“ Zugleich betonte er: „Ich bin aus dem Verfahren makellos herausgekommen.“
Wie es sich mit Makellosigkeit und Autorität im eigenen Lager verhält, war am Dienstag schwer abzuschätzen. CDU-Landeschef Armin Laschet hielt sich in der delikaten Angelegenheit bedeckt: „Wir verweisen auf die persönliche Erklärung von Herrn Linssen“, ließ seine Sprecherin ausrichten.