Drei Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals im oberbayerischen Kloster Ettal wirft der ehemalige Sonderermittler Thomas Pfister der Benediktinerabtei eine Vertuschungsstrategie vor. Bis heute unterbinde das Kloster die Publikation seines Schlussberichts, sagte der Anwalt der „Süddeutschen Zeitung“.
München/Ettal (dapd-bay). Drei Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals im oberbayerischen Kloster Ettal wirft der ehemalige Sonderermittler Thomas Pfister der Benediktinerabtei eine Vertuschungsstrategie vor. Bis heute unterbinde das Kloster die Publikation seines Schlussberichts, sagte der Anwalt der „Süddeutschen Zeitung“. Dagegen kündigte die Benediktinerabtei an, im Frühjahr eine Studie zur Aufarbeitung vorzulegen. Sie stehe kurz vor dem Abschluss.
Pfister war auf Initiative des Erzbistums München und Freising als externer Ermittler eingesetzt worden, nachdem im Februar 2010 die Jahrzehnte zurückreichenden Fälle bekannt geworden waren. Später beendete das Kloster die Zusammenarbeit mit ihm. „Die Leitung der Diözese wollte, dass ich den Bericht öffentlich vortrage, aber das Kloster gab nur eine kleine Pressekonferenz, auf der verkündet wurde, dass meine Arbeit abgeschlossen sei. Zu dieser Konferenz war ich gar nicht mehr eingeladen“, erläuterte der Anwalt.
Während der Münchner Kardinal Reinhard Marx ihm keinerlei Steine in den Weg gelegt habe, habe das Kloster Ettal „gemauert“. Die Abtei sei von seiner Art der Aufklärung wenig begeistert gewesen: „Das Kloster störte sich weniger daran, was aufgedeckt wurde, sondern dass es aufgedeckt wurde und wie dies geschah.“
In Ettal sei nur zugegeben worden, was zweifelsfrei nachzuweisen gewesen sei. „Nur ein einziger Mönch kam zu mir und hat ein Geständnis abgelegt. Deswegen braucht die Kirche externe Ermittler“, betonte Pfister und fügte hinzu: „Die Selbstreinigungskräfte des Systems reichen da nicht aus.“
„Kein einfacher Weg“
Das Kloster Ettal teilte unterdessen mit, die Ergebnisse einer Studie zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, die beim Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung in Auftrag gegeben worden sei, würden bis Ende März vorliegen. Sie würden dann gleich der Öffentlichkeit vorgestellt. Abt Barnabas sagte dazu: „Dies war kein einfacher Weg, aber wir haben erkannt, dass nur die konsequente Aufarbeitung auch den Opfern gerecht wird.“
Grundlage für die wissenschaftliche Aufarbeitung ist nach Klosterangaben unter anderem der Bericht des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Hans-Joachim Jentsch, der bereits im November 2010 die Aufklärungsarbeit des Klosters überprüft habe. Darüber hinaus habe das IPP in den vergangenen zwei Jahren anhand der vom Kloster zur Verfügung gestellten Unterlagen und zahlreicher Einzelinterviews mit Schülern, Angehörigen und Patres eine umfassende wissenschaftliche Analyse verfasst.
Auch Pfister, dessen Bericht in der Kloster-Mitteilung nicht erwähnt wird, hat nach eigenen Angaben seine Erkenntnisse insbesondere aus persönlichen Gesprächen: „Die Berichte der Missbrauchsopfer von Ettal stehen bei mir im Schrank, ich nenne sie meine ‚Leitz-Ordner des Grauens‘. Und da müssen sie bleiben, weil das Kloster eine Veröffentlichung nicht zulässt.“
dapd
2013-01-11 18:21:27.0