Wer mehr bezahlt, bekommt eine bessere Leistung. Ein Prinzip, so alt wie die Menschheit und nicht gerade gerecht. Wer morgens im Regionalzug Seite an Seite mit vielen Mitmenschen durchs Ruhrgebiet pendelt, der träumt zuweilen von der 1. Klasse, vom freien Sitz, von Beinfreiheit.
Es wäre kühn, zu behaupten, im Gesundheitssystem ginge es anders zu. Privatpatienten genießen Privilegien; Zusatzversicherte bekommen „Zweibett mit Chefarzt“; wer will und kann, der kauft sich die professionelle Zahnreinigung.
In dem Augenblick aber, in dem ein Patient praktisch keine Chance mehr hat, den Arzt persönlich zu treffen – es sein denn, er bezahlt für einen „Sondertermin“ –, wird eine Grenze überschritten.
Dass jemand in der „Komfort-Sprechstunde“ gar nicht für den Termin, sondern für die private Behandlung zur Kasse gebeten wird, ist eine Spitzfindigkeit. Denn eine echte Wahl haben viele Patienten gar nicht mehr. Bevor sie beim Augenarzt ein halbes Jahr auf einen regulären Termin warten, lassen sie sich auf die Selbstzahler-Variante ein.
Wer so etwas erlebt, sollte sich beschweren. Bei der Kassenärztlichen Vereinigung, vielleicht beim Gesundheitsministerium, in jedem Fall aber: beim Arzt.