Diese Spezialeinheiten kämpfen gegen die Terrorbedrohung
Spezialeinsatzkräfte fahnden in ganz Belgien nach Terrorverdächtigen. Aber welche deutschen Einheiten arbeiten im Anti-Terror-Kampf?
Berlin.
Nach den Terroranschlägen von Brüssel am Dienstag sorgen sich viele Deutsche um die Sicherheit im Land. Dabei kommt immer wieder die Frage auf, welche Polizeieinheiten nach Terroristen fahnden, wie sie ausgestattet sind und welche Befugnisse sie haben. Wir stellen die einzelnen deutschen Einheiten vor, die im Anti-Terror-Kampf aktiv sind.
SEK
Die Spezialeinsatzkommandos der Länder wurden im Jahr 1974 als Folge der Anschläge auf die Olympischen Spiele in München 1972 auf den Weg gebracht. Die „Spezialeinheiten werden zur professionellen Bewältigung schwierigster Konfliktlagen oder zur Festnahme bewaffneter oder besonders gewaltbereiter Straftäter eingesetzt“, heißt es in einer schriftlichen Information der Polizei Nordrhein-Westfalten. Die SEKs sind je nach Land an einzelnen Polizeipräsidien angesiedelt oder den Landeskriminalämtern unterstellt.
In NRW etwa gibt es Spezialeinheiten bei den Polizeipräsidien Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster sowie beim Landeskriminalamt. Ihre Einsätze werden durch die Koordinierungsstelle der Spezialeinheiten beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste koordiniert. Die Beamten scheiden nach dem Ende des 45. Lebensjahres aus der Einheit aus – in Ausnahmefällen kann der Verbleib höchstens fünfmal um ein Jahr verlängert werden.
Ausrüstung: Die Spezialeinsatzkommandos verfügen auch über Waffen für nahe Distanzen, die die „normale“ Polizei nicht einsetzt. Ein Beispiel sind etwa Elektroimpulsgeräte der Marke Taser. Mit den Geräten wird Verdächtigen ein Stromschlag versetzt, wodurch sie zeitweise kampfunfähig gemacht werden können.
Als Waffen sind gemäß § 58 Absatz 4 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) für die Polizei des Landes Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole zugelassen. Beamten der Spezialeinsatzkommandos sind in vielen Fällen auch mit Schnellfeuerwaffen ausgerüstet.
In einer Antwort des NRW-Landtages auf eine Anfrage des Abgeordneten Gregor Golland (CDU) im April 2015 hieß es, dass die Polizei in NRW es nicht beabsichtige, Militär-ähnliche Rüstungsgüter (Kampfhubschrauber, Artillerie etc.) anzuschaffen. In einem Punkt hat es jedoch immer wieder Kritik an der Ausrüstung gegeben: bei den Funkgeräten. Weil die neue Digitaltechnik Verzögerungen im Funkverkehr von bis zu einer Sekunde erzeugt, haben nach Medienbericht sechs SEK in NRW wieder auf die analoge Technik umgestellt.
MEK
Die Mobilen Einsatzkommandos (MEK) sind auf die Überwachung und Festnahme von Tatverdächtigen spezialisiert. Sowohl die Landespolizeien wie auch das Bundeskriminalamt unterhält MEKs. Bei den Landespolizeien sind die MEK bei der Kriminalpolizei der einzelnen Städte angegliedert.
Ausrüstung: Die MEK sind in der Regel ähnlich ausgestattet wie Beamte der Kriminalpolizei. Steht also die Festnahme eines schwerbewaffneten Verdächtigen bevor, werden meist SEK-Kräfte hinzugezogen. Diese verfügen über eine stärkere Bewaffnung. Die Beamten des MEK sind oft in zivil aktiv.
GSG9
Die Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9) ist die polizeiliche Spezialeinheit der Bundespolizei. Sie wird im Kampf gegen den Terrorismus und schwere Gewaltkriminalität eingesetzt. Die GSG 9 ist in Sankt Augustin bei Bonn stationiert. Sie untersteht jedoch nicht der örtlichen Bundespolizeidirektion Sankt Augustin, sondern dem Bundespolizeipräsidium in Potsdam. Gegründet wurde die Einheit nach den Terroranschlägen bei den Olympischen Spielen in München 1972.
Die Beamten sind unter anderem auf Geiselbefreiungen und Festnahmen spezialisiert. Die Spezialeinheit unterstützt aber auch das Bundeskriminalamt, die Bundeszollverwaltung und die Polizeien der Länder. Die GSG 9 übernimmt auch Aufgaben im Personenschutz im Ausland – so etwa bei der Sicherung von Botschaften und deren Personal.
Im Jahr 2014 waren insgesamt 145 Kräfte an den fünf Standorten Kabul (Afghanistan), Bagdad (Irak), Sanaa (Jemen), Beirut (Libanon), Tripolis (Libyen) im Einsatz. Bei Transporten im Ausland wird die GSG 9 unter anderem von der Bundeswehr unterstützt.
Ausrüstung: Der GSG nutzt von der Handfeuerwaffe bis zum Scharfschützengewehr viele Waffen. Die Beamten sind auf dem Land, auf Wasser sowie in der Luft aktiv. Vor allem an den Standorten im Nahen Osten scheint die Einheit auf gepanzerte SUV aus deutscher Herstellung zu setzen. Für Neuanschaffungen im Bereich der Ausrüstung waren für die Jahre 2012 und 2013 zwei Millionen beziehungsweise 2,6 Millionen Euro eingeplant. Im Jahr 2012 beliefen sich die Gesamtausgaben der GSG 9 für die Ausbildung, Neubeschaffungen und Sonstiges (Verbrauch) auf 6,457 Millionen Euro.
Bei Einsätzen auf dem Wasser wird der Einheit europaweit eine große Kompetenz zugesprochen – so erarbeitet die deutsche Einheit Strategien in diesem Bereich innerhalb des ATLAS-Verbundes europäischer Anti-Terror-Einheiten.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums ist der Bundespolizei-Flugdienst ein wichtiger Partner der GSG 9. Aus Helikoptern der Bundespolizei können sich die Beamten abseilen oder aber aus größeren Höhen per Gleitschirm abspringen.
BFE+
Die neue Einheit BFE+ der Bundespolizei wurde am 16. Dezember 2015 vorgestellt. BFE steht für Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit. Die Einheit wurde als Antwort auf die Terroranschläge auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo Anfang des Jahres 2015 gegründet.
Bei Einrichtung umfasste die Einheit 50 Beamte, es sollen 250 werden. Die Beamten sind in Ahrensfelde-Blumberg, nordöstlich von Berlin, Die Einheit ist bei den Bereitschaftseinheiten der Bundespolizei angesiedelt und soll ergänzend zur GSG 9 arbeiten. Die Einheit kann aber auch von den Länderpolizeien angefordert werden – beispielsweise während längerer oder komplizierter Lagen. „Diese Einheit kann schützen, diese Einheit kann fahnden und diese Einheit kann entschlossen handeln – dadurch hält sie der GSG 9 den Rücken frei für Geiselbefreiungen und andere robuste Lagen“, so der Präsident des Bundespolizeipräsidiums, Dr. Dieter Romann.
Die Ausbildung der BFE+-Einheiten erfolgt durch die GSG 9. Laut einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage einer Linken-Abgeordneten ist die BFE+ unterhalb der Spezialeinheiten des Bundes (GSG 9) und der Länder (SEK) angeordnet.
Ausrüstung: Die BFE+-Mitglieder sind vor allem im Nahkampf und Mitteldistanzkampf ausgebildet. Die Beamten haben alle dienstlich zugelassene Mitteldistanzwaffen sowie Kleidung der höchsten Schutzklasse. Ansonsten sind die Einheiten in etwa so ausgestattet wie die Bereitschaftseinheiten der Bundespolizei. Auch die BFE+ kann auf den Flugdienst der Bundespolizei zurückgreifen.
KSK der Bundeswehr
Das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) kommt wie die Bundeswehr selbst nicht bei Kampfeinsätzen im Inland zum Einsatz. Dennoch spielt die Einheit eine Rolle bei der Bekämpfung terroristischer Bedrohungen in Deutschland. Das KSK soll demnach Terroristen im Ausland unschädlich machen, bevor sie in Deutschland zur Gefahr werden.
Dem Kommando gehören auch sogenannte Unterstützungskräfte wie Sanitäter, Fernmelder und Versorgungseinheiten an. Dadurch kann das KSK fast komplett unabhängig von den restlichen Bundeswehrkräften agieren. Die Leitung des Kommandos Spezialkräfte sitzt in Calw in Baden-Württemberg.
Ausrüstung: Jeder Angehörige des Kommandos ist Spezialist auf jeweils einem von insgesamt vier Gebieten: Waffentechnik, Zugangstechniken (Breacher), Fernmeldewesen (Funker) und Sanitätswesen (Medic). Das KSK arbeitet eng mit den Fallschirmjägern und der Hubschrauberbesatzung der Heeresflieger zusammen.
Es gibt beim KSK auch Hundeführer und Soldaten, die als Piloten ausgebildet sind. Im Gegensatz zu den Einheiten der Länder- und Bundespolizei kann das Kommando Spezialkräfte auch auf schwere Waffen der Bundeswehr zurückgreifen beziehungsweise dort agieren, wo die Bundeswehr mit solchen Waffen vertreten ist.