Städte und Gemeinden wollen die Kosten für Umsetzung des neuen Prostituiertengesetzes teils auf die Inhaber der Freudenhäuser umlegen.
Berlin.
Wer eine Gaststätte eröffnet und dort Alkohol ausschenken will, muss eine Konzession erwerben. Früher kostete die mehrere Tausend Euro, heute sind es immer noch einige Hundert. Nach wie vor aber muss der künftige Wirt ein Führungszeugnis vorlegen, er muss nachweisen, dass er Hygienevorschriften kennt, und er muss beim Ordnungsamt sogar einen Grundriss des Lokals einreichen.
Ähnliche Regeln sollen künftig auch für Bordelle gelten. Das sieht jedenfalls das neue „Prostituiertenschutzgesetz“ vor, auf das sich Union und SPD nach mehr als zwei Jahren zäher Verhandlungen geeinigt haben. Danach sollen Bordelle nur noch mit amtlicher Erlaubnis betrieben werden dürfen. Mehr noch: Prostituierte müssen sich künftig bei den Behörden anmelden. Und auch für Freier sollen Regeln gelten, bei deren Verstoß empfindliche Strafen drohen. Schon Ende März will Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) das Gesetz durchs Bundeskabinett bringen. In Kraft treten soll es im Juli 2017.
Umsetzung des Gesetzes kostet mindestens 17 Millionen Euro
Die neuen Regeln, die das Gesetz enthält, werden Geld kosten: Sie müssen kontrolliert und durchgesetzt werden. Vor allem die Kommunen werden das übernehmen und dafür neues Personal benötigen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund will deshalb auch von Bordellbetreibern eine Art Betriebsgebühr verlangen – ganz wie bei Gaststätten: „Vorstellbar ist, dass Bordellbetreiber eine Konzession beantragen und dafür eine Gebühr zahlen müssen“, sagt der Rechts- und Sozialexperte des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Uwe Lübking, der Berliner Morgenpost. „Diese Gebühr würde zumindest einen Teil des Aufwandes abdecken, den die Kommunen durch das neue Gesetz haben.“ In jedem Fall müssten die Kommunen die zusätzlichen Kosten, die durch die Umsetzung des Gesetzes entstehen, erstattet bekommen, fordert Lübking. Wenn nicht von den Bordellbetreibern, dann von den Bundesländern.
Umsetzung des Gesetztes kostet Millionen
Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, sieht das ähnlich. Die Umsetzung des Gesetzes werde mindestens 17 Millionen Euro kosten, schätzt sie, das sei die Summe, die in einer früheren Version des Gesetzentwurfs genannt worden war. „Diese zusätzlichen Belastungen sind eine Zumutung für die Kommunen“, findet Schauws. Sie hat deshalb „Sympathien dafür, wenn die Kommunen versuchen, einen Teil ihrer zusätzlichen Kosten auf anderen Wegen wieder hereinzuholen.“ Ob eine Konzession der geeignete Weg sei, müsse man sehen. Das Gesetz müsse auf jeden Fall nicht nur vom Bundestag, sondern auch vom Bundesrat gebilligt werden. Bislang versucht Schwesigs Ministerium, die Zustimmung der Länderkammer zu vermeiden.
Auch inhaltlich ist das Gesetz umstritten. Die neuen Vorschriften für die Betreiber von „Prostitutionsstätten“, wie Freudenhäuser amtlich umschrieben werden, finden breite Zustimmung. Mindeststandards für Hygiene oder Sicherheit gab es bisher nicht. Auch konnte fast jeder ein Bordell eröffnen. Künftig gibt es eine „Zuverlässigkeitsprüfung“. Nach Auskunft von Schwesigs Ministerium soll sie ähnlich scharf sein wie im Bewachungsgewerbe, wo nicht nur Vorstrafen abgefragt werden, sondern auch die Mitgliedschaft in verbotenen Vereinigungen.
Pommesbuden müssen mehr Auflagen erfüllen als Bordelle
„Jeder Schaustellerbetrieb und jede Pommesbude müssen bisher mehr Auflagen erfüllen als ein Bordell“, sagt Verbands-Experte Lübking. Es habe massive gesetzliche Regelungslücken gegeben. So hätten Behörden bisher oft noch nicht einmal das Recht gehabt, Bordelle zu Kontrollen zu betreten. „Der Kompromiss ist richtig und notwendig“, fasst er zusammen.
Umstrittener sind die Teile des Gesetzes, in denen es um den tatsächlichen Schutz der Prostituierten geht. Ministerin Schwesig will, dass Prostituierte sich behördlich anmelden müssen und hat als Voraussetzung dafür eine medizinische Beratung beim Gesundheitsamt vorgesehen. Prostituierte, die älter als 21 Jahre sind, müssen die Anmeldung alle zwei Jahre erneuern, über 18-Jährige müssen sich alle halbe Jahre medizinisch beraten lassen.
Grünen-Politikerin Schauws findet das zu viel des Guten: „Wer Prostituierten wirklich helfen will, zwingt sie nicht zu Beratungsgesprächen, sondern sorgt dafür, dass es ausreichende Beratungsstellen gibt, in die Prostituierte freiwillig gehen können.“ Aus ihrer Sicht hat das Gesetz das Ziel, „größtmögliche Kontrolle über die Prostituierten zu bekommen.“ Es zwinge sie damit in die Illegalität. Die CDU-Frauen-Politikerin Nadine Schön dagegen ist vom Gegenteil überzeugt: Das Gesetz bringe „Licht, Transparenz und Schutz in ein bisher kaum zugängliches und völlig unreguliertes Milieu.“ Sie lobt den Kompromiss, den ihre Partei mit der SPD gefunden hat, als „ersten Schritt zu einer konsequenten Bekämpfung von Zwangsprostitution und Menschenhandel“.
Für Freier gilt künftig eine Kondompflicht
Noch nicht endgültig festgelegt sind die Strafen bei Verstößen gegen die neuen Regeln. Im Gespräch sind 1000 Euro, wenn Prostituierte keine Anmeldung haben, 5000 Euro, wenn ein Zuhälter sie ohne Anmeldung arbeiten lässt und 10.000 Euro, wenn ein Bordell ohne Erlaubnis betrieben wird.
Auch eine Kondompflicht für Freier wird im Gesetz stehen, mitsamt einer mehrere Tausend Euro teuren Geldstrafe bei Missachtung. An den Vorschriften für die Kontrolle dieser Vorschrift arbeitet das Ministerium noch.