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Besonders kleine Kliniken stehen in Deutschland vor Kollaps

Besonders kleine Kliniken stehen in Deutschland vor Kollaps

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Ärzte streiken - Leerer Flur Foto: dpa
Die Zahlen einer neuen Studie alarmieren: Jedes zweite deutsche Krankenhaus ist in den Miesen, nur 13 Prozent geht es wirtschaftlich gut. Die Finanzierung wird immer schwieriger. Künftig soll medizinische Qualität über die Zuschüsse entscheiden – so sehen es die künftigen Koalitionäre vor.

Berlin. 

Es ist ein harter Kampf ums Überleben. 2017 Krankenhäuser gibt es in Deutschland. Sie bieten eine halbe Million Betten an. Mehr als 200 haben in den letzten zwanzig Jahren aufgegeben. Doch auch von den überlebenden steckt jede zweite Klinik in den roten Zahlen.

Eine neue Studie zeigt: Nur 13 Prozent halten ihre wirtschaftliche Lage für gut. Bei mehr als 50 Prozent ist der Ertrag seit Jahren im Sinkflug. Für jedes vierte Krankenhaus – vor allem für die mit weniger als 300 Betten – gibt es keine Chance einer finanziellen Gesundung. Hier droht der Kollaps.

Das Sterben der Häuser

Die schwarz-roten Gesundheitsexperten in Berlin richten sich darauf ein, dass sie das Sterben der Häuser kontrolliert begleiten müssen. Jens Spahn (CDU), Verhandlungsführer der Union, kennt die Bedeutung des Krankenhaus-Bereichs. „64 Milliarden Euro fließen jedes Jahr in diesen Sektor“, sagt er. „Das ist ein Drittel der Gesundheitsausgaben, der größte Block.“ Jedes Jahr wachse der Block um weitere zwei Milliarden – zu Lasten der Beitragszahler.

Spahn erkennt an, dass „Ärzte und Pflegekräfte schon bis ans Limit arbeiten“. Aber: „Wir werden über die Krankenhaus-Finanzen reden müssen.“ Das erzwingt schon die absehbare allgemeine Entwicklung. Für 2015 erwarten die Experten durchweg neue Defizite bei den Gesetzlichen Krankenversicherungen. Der Plan der künftigen Koalitionäre, in so einer Lage einer neuen Kostenwelle zu begegnen: Krankenhäuser mit Qualität bekommen mehr, Häuser mit Qualitätsproblemen weniger Geld.

Bis zu 100.000 „unnötige“ Operationen

Die Zahl der „unnötigen“ Operationen – rund 100.000 sind strittig – soll gesenkt werden. Und, sagt Spahn, die Koalition wolle neue Maßstäbe festlegen lassen: „In welcher zumutbaren Entfernung müssen Krankenhäuser erreichbar sein?“ Auch: Welche Behandlungsqualität müssten sie bieten?

Der Partner von Spahn auf SPD-Seite, Karl Lauterbach, hat vernehmbar gesagt, dass nicht alle Kliniken bleiben können. In einigen Städten gebe es einfach zu viele. Lauterbach sieht eine Chance, ei­nen Teil der unwirtschaftlichen Häuser umzuwandeln in Gesundheitszentren oder Pflegeheime und diesen Prozess finanziell zu begleiten. Denkbar: ein 500-Millionen-Euro-Fonds.

Krankenhäuser fordern mehr Geld

Alfred Dänzler ist Präsident der Krankenhausgesellschaft. Auch er will über die Finanzierung reden, aber anders: „Die Kliniken müssen einen finanziellen Rahmen erwarten dürfen, der die stationäre Patientenversorgung zukunftsfest macht.“ Er will also Geld: „Die Investitionsmittel der Länder müssen um 50 Prozent angehoben“, steigende Personalkosten „refinanziert“ werden.

Genau diese Botschaft will in Berlin, wo man um die Schuldenbremse der Länder ab 2020 und die Schwierigkeiten von Schwarz-Rot mit der Finanzierung anderer Projekte weiß, keiner hören.

Versicherung als Kostentreiber

Es sind aber nicht nur die Personalkosten, die die Kliniken in die Miesen jagen. Das Krankenhaus-Barometer hat neue Kostentreiber entdeckt, die auch die Politik kaum auf dem Radar hat. Einer davon: die Haftpflichtversicherung. Patienten begutachten ihren Behandlungserfolg immer kritischer, klagen notfalls.

Mehrere Versicherer sind in den letzten Jahren aus dem Geschäft ausgestiegen. Bei den verbliebenen sind die Prämien deutlich gestiegen. Die Hälfte der Häuser musste zwischen 2010 und 2013 eine Erhöhung um mehr als 33 Prozent hinnehmen. 60 bis 70 Prozent sind auch vorgekommen. Kliniken ab 600 Betten kostet das im Schnitt eine halbe Million Euro mehr.