Die FDP stellt sich hinter Minister Jörg-Uwe Hahn. Die Liberalen beteuern, dass der Politiker keine fremdenfeindlichen Ansichten habe. Doch die Debatte um Rassismus gegen Politiker geht weiter.
Berlin.
Sein „asiatisches Aussehen“ war für Philipp Rösler nie ein Tabuthema, eher locker ist der FDP-Chef mit seiner vietnamesischen Herkunft umgegangen. Blöd angemacht worden sei er wegen seines Äußeren nie, „denn bei Asiaten denken immer alle, man kann Karate“, erzählt Rösler gern. Probleme gebe es da keine, und wenn er gelegentlich angepöbelt werde, dann „weil ich bei der FDP bin.“
Mit dieser Lässigkeit des Liberalen, der im Alter von neun Monaten von Deutschen adoptiert wurde, dürfte es jetzt vorbei sein. Der hessische FDP-Chef und Justizminister Jörg-Uwe Hahn hat mit Äußerungen über Röslers Aussehen eine heftige Debatte ausgelöst über Rassismus auch gegenüber Politikern: „Bei Rösler würde ich allerdings gern wissen, ob unsere Gesellschaft schon so weit ist, einen asiatisch aussehenden Vizekanzler auch noch länger zu akzeptieren“, so Hahn in einem Interview. Der Startschuss für eine FDP-Personaldebatte mit unlauteren Mitteln?
Hahn ist für seinen ungnädigen Umgang mit der FDP-Führung bekannt, auch Rösler bekam das schon zu spüren. Hahn versichert, er habe nur auf den unterschwelligen Rassismus in der Gesellschaft hinweisen wollen, das Problem dürfe man nicht totschweigen. In der FDP wird diese Deutung geteilt, auch wenn von einer „saudummen Formulierung“ die Rede ist und von Ärger darüber, dass die Liberalen wieder schlechte Schlagzeilen liefern.
Das Problem sind die Pöbeleien vor allem aus dem rechten Milieu
Die Empörung anderswo ist größer: „Unfassbar“, nannte SPD-Chef Sigmar Gabriel gestern Hahns Äußerungen, der FDP-Mann habe wohl „nicht alle beieinander“. Die Verknüpfung von Amt, Aussehen und Herkunft sei ein Skandal, eine Grenzüberschreitung, klagen auch Grüne und Linke.
Parteichef Rösler versucht, die Debatte einzufangen: „Ich verstehe die Aufregung nicht“, sagt er, mit Hahn verbinde ihn eine persönliche Freundschaft. Der sei über jeden Verdacht des Rassismus erhaben und erfolgreich als Integrationsminister, was auch Migrantenverbände bestätigen.
Doch die Debatte lässt sich nicht mehr stoppen. Und sie hat offenbar einen ernsten Hintergrund. Politiker mit ausländischen Wurzeln sind noch immer mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert. Die Gesellschaft mag mehrheitlich offen sein, aber ein Problem sind die Pöbeleien vor allem aus dem rechten Milieu. In der FDP-Zentrale berichten sie von Hassmails an Rösler, die gar nicht erst an den Vorsitzenden weitergeleitet werden.
Droh-Mails und hässliche Sprüche
Der Chef der FDP-Jugendorganisation Juli, Lasse Becker, sagt: „Am Wahlkampfstand bekomme ich zu hören: Wir würden euch ja wählen, wenn da der Chinese nicht wäre.“ In Leipzig sei das FDP-Wahlkreisbüro mit dem gegen Rösler gerichteten Satz „Schmeißt den Fidschi raus“ beschmiert worden. Becker: „Das ist Rassismus, das ist das eigentliche Problem – nicht die blöde Wortwahl von Hahn“.
Auch die niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) bekam schon anonyme Drohmails. An den Wahlständen ist die Herkunft schon mal Thema“, heißt es bei der CDU in Niedersachsen. Im Bundestag berichtet der im Iran geborene Omid Nouripour von teils heftigen Hassmails. Er geht wie andere mit den Beschimpfungen inzwischen gelassen um. Doch selbst im Parlament seien mitunter Ressentiments zu spüren: „Manche tuscheln, da kann man sich denken, worum es geht“, sagt Nouripour.
Dem SPD-Innenexperten Sebastian Edathy, Sohn eines Inders, ist es sogar schon passiert, dass ihn im Bundestag ein Saaldiener nicht in den Sitzungssaal lassen wollte. Ärgerlich. Aber der alltägliche Rassismus ist nicht mehr wahlentscheidend: Seinen Wahlkreis Nienburg gewann Edathy wiederholt mit klarem Vorsprung – und mit mehr Stimmen, als seine SPD bekam.