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Altmaier setzt Erkundung von Atommüll-Endlager Gorleben aus

Altmaier setzt Erkundung von Atommüll-Endlager Gorleben aus

Das Luftbild zeigt das Gelände des Erkundungsbergwerkes (vorne) und des Zwischenlagers in Gorleben. (Foto: Archiv/dapd)
Das Luftbild zeigt das Gelände des Erkundungsbergwerkes (vorne) und des Zwischenlagers in Gorleben. (Foto: Archiv/dapd)
Die Bundesregierung hat die Erkundungsarbeiten am umstrittenen möglichen Atommüll-Endlager in Gorleben bis zur Bundestagwahl im kommenden Herbst ausgesetzt. Das gab am Freitag Bundesumweltminister Altmaier bekannt. Altmaiers Vorgänger Norbert Röttgen hatte das im März schon in Aussicht gestellt.

Gorleben/Berlin. 

Der Salzstock Gorleben soll zunächst nicht weiter auf seine Tauglichkeit als atomares Endlager hin erkundet werden. Bundesumweltminister Peter Altmaier verkündete am Freitag in Berlin einen vorübergehenden Stopp der Erkundungsarbeiten. Dieser solle zumindest bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr gelten, „und ich hoffe, darüber hinaus“, sagte Altmaier. SPD und Grüne begrüßten die Ankündigung. Damit könnte wieder Bewegung in die festgefahrenen Gespräche über die Endlagersuche kommen.

Altmaiers Vorgänger Norbert Röttgen (CDU) hatte bereits im März einen Stopp der Erkundungsarbeiten in Aussicht gestellt, die seit Mitte November tatsächlich weitgehend ruhen. Darüber hinaus würden nun auch die Tiefenbohrungen eingestellt, erläuterte Altmaier. „Das Ziel ist eindeutig, dass die Erkundungsarbeiten in Gorleben nicht mehr aufgenommen werden müssen bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Standortsuche“, fügte der Minister hinzu.

Im November vergangenen Jahres hatten sich Bund und Länder auf einen Neustart bei der Suche nach einem Endlager verständigt. Die Gespräche waren jedoch ins Stocken geraten, unter anderem wegen der Frage des weiteren Umgangs mit Gorleben, das Atomkraftgegner für politisch verbrannt halten. Altmaier zeigte sich zuversichtlich, dass es bald eine Einigung geben werde.

Neue Beratungen erst nach der Niedersachsen-Wahl

Dennoch sollen die Beratungen auf politischer Ebene erst im Februar – und damit nach der Wahl in Niedersachsen am 20. Januar – fortgesetzt werden. „Ich glaube, dass damit eine Chance besteht, das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten“, sagte Altmaier. Der Wille und die Bereitschaft, zu einem Konsens zu gelangen, seien vorhanden. Deshalb sei es gerechtfertigt, „ein letztes Mal die politischen Gespräche um einige wenige Wochen zu verschieben“. Damit ein Gesetz noch vor der Bundestagswahl auf den Weg gebracht werden könne, müsse ein Entwurf allerdings „deutlich vor der Osterpause“ in den Bundestag eingebracht werden.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) wertete die Ankündigung Altmaiers als Fortschritt. „Das trägt dazu bei, dass wir es schaffen können, einen parteiübergreifenden Konsens für ein Endlagersuchgesetz zu finden“, sagte er am Freitag in Bergen. „Es wäre gut, wenn wir so schnell wie möglich mit einem konkreten Gesetzentwurf auch in der Sache voran kommen“, fügte er hinzu.

SPD und Grüne begrüßten den Schritt Altmaiers. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einer „guten Entscheidung“, äußerte sich allerdings verwundert darüber, dass der Erkundungsstopp nur bis zur Bundestagswahl gelten solle. Jetzt müsse die Chance genutzt werden, bis dahin „zu einem parteiübergreifenden Endlager-Konsens zu kommen“. Es sei schon zu viel Zeit verloren worden.

Ähnlich äußerte sich auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. „Es ist gut, dass Peter Altmaier einen Erkundungsstopp für Gorleben bis nach der Bundestagswahl angekündigt hat“, sagte er. Wer eine Einigung wolle, dürfe in Gorleben keine Fakten schaffen. Zugleich äußerte er sich zuversichtlich, „dass der Verhandlungsprozess nach der Niedersachsen-Wahl zu einem erfolgreichen Ende gebracht werden kann“. Gabriel und Trittin führen die Verhandlungen für SPD und Grüne.

Linke und Grüne üben Kritik

Die Linke forderte dagegen die endgültige Aufgabe des Standorts. „Es ist hinreichend belegt, dass Gorleben als Standort für ein sogenanntes atomares Endlager geologisch nicht geeignet ist“, sagte die energiepolitische Sprecherin der Linken, Dorothée Menzner.

Auch die niedersächsischen Grünen äußerten sich zurückhaltend. Dass Altmaier die Erkundungsarbeiten nur bis nach der Bundestagswahl aussetzen wolle, sei „sehr befremdlich“, sagte Fraktionschef Stefan Wenze der Nachrichtenagentur dapd. Die brisante Frage der Endlagerung eigne sich nicht für Wahlkampfzwecke.

Umweltverbände skeptisch

Umweltverbände und die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg kritisierten die Ankündigung ebenfalls. BI-Sprecher Wolfgang Ehmke bezeichnete Altmaier als „initiativ- und ideenlos“. Schließlich könnte er das Gorleben-Projekt als Herr des Verfahrens ganz stoppen, um den Weg frei zu machen für eine Neubewertung der Risiken. Der Sprecher der Anti-Atom-Initiative „Ausgestrahlt“, Jochen Stay, gab zu bedenken, dass es derzeit ohnehin keine Rechtsgrundlage für den Weiterbau gebe.

Greenpeace sprach von einem „faulen Kompromiss“. „Nur die komplette Aufgabe des geologisch ungeeigneten Standortes Gorleben schafft die Voraussetzung für einen echten Neustart in der Endlagersuche“, sagte der Atomexperte der Organisation, Mathias Edler. Der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger, schloss sich der Forderung nach einer endgültigen Aufgabe des Standorts an, bezeichnete den Erkundungsstopp allerdings als überfällig. (dapd)