Ex-AfD-Vorstand Lucke will seine neue Partei Alfa nennen. Doch Vereine wehren sich. Eigentlich aber wäre Alfa kein schlechter Parteiname.
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Wenn nichts dazwischen kommt, könnte bei einer der nächsten Wahlen eine neue Partei auf den Stimmzetteln stehen: Alfa. So hat es Ex-AfD-Chef Bernd Lucke jüngst bekannt gegeben. Gestärkt von seinen Anhängern aus der Gruppierung „Weckruf 2015“ will Lucke als Reaktion auf den Rechtsruck an der Spitze der AfD mit einer neuen Partei antreten.
Der Name löste allerdings bereits einen Tag danach Widerstand aus beim namensgleichen Verband Aktion Lebensrecht für Alle, abgekürzt Alfa, und bei den Initiatoren des „Alfa-Telefons“ für Alphabetisierung. Auch aus Parteien gab es Kritik: Ralf Stegner, stellvertretender Vorsitzender der SPD, erklärte, „ob AfD, Weckruf oder Alfa – es bleibt rechtspopulistischer Quark“. Und der Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz, ehemaliger CDU-Generalsekretär, kommentierte den WAZ-Bericht zur neuen Alfa-Partei via Facebook: „Alfa, Beta, Gamma, Delta – alte Gülle in neuen Schläuchen“.
„Alfa ist kurz, sprechbar, differenzierungsfähig“
Die Kritik aus der Politik hat das Alfa-Programm im Blick. Der Name Alfa hingegen wäre für eine Partei gar nicht mal so schlecht, meint eine Expertin: „Alfa ist etwas Neues. Es ist kurz, sprechbar, differenzierungsfähig und es hebt sich von anderen Parteinamen ab“, sagt Sybille Kircher, Geschäftsführerin der Düsseldorfer Kommuniaktionsagentur Nomen, wo man Namen kreiert, etwa für Automodelle, Lebensmittel oder Kosmetikprodukte.
Aus Sicht von Kircher habe Parteigründer Bernd Lucke mit dem Namen Alfa zudem „geschickt sein Terrain abgesteckt“. Es sei schon eine Botschaft, meint sie, wenn die neue Partei sich in Wortteilen dem Namen der vorangegangenen Partei ähnele, die Lucke verlassen hat. Dass ein neuer Name – ob für Produkte oder Parteien – Skepsis und Kritik in der Öffentlichkeit hervorrufe, sei in Deutschland eher die Regel, meint Kircher. „Ein Name muss nicht unbedingt gefallen, aber er muss sich im Kopf festsetzen“, sagt sie. Alfa habe das Zeug dazu und sei auch besser geeignet als etwa „Lucke-Partei“, sagt Kircher: Das hätte vielleicht kurzfristig funktioniert. „Auf lange Sicht sollte man solche Namen jedoch nicht an Personen koppeln“, meint Kircher: Personen können verschwinden oder ihr Image kann sich verändern – siehe etwa die einstige Schillpartei, die benannt war nach dem Hamburger Rechtspopulisten Ronald Schill.
Alfa Romeo könnte gegen Alfa-Partei nichts unternehmen
Für „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ soll Alfa stehen, hat Bernd Lucke erklärt. Die Namens-Expertin Kircher hält dies jedoch für „nichtssagend“. Solche Begriffen stünden in fast jedem Parteiprogramm. „Und wer will schon für Rückschritt und Stillstand sein?“, fragt Kircher.
Bleibt ihr Rat, sich den Namen Alfa für eine Partei markenrechtlich schützen zu lassen. Ob das gelingt, ist jedoch fraglich, heißt es beim Deutschen Patent- und Markenamt in München. Die Recherche zeigt, dass dort viele Parteien ihre Logos oder Wahlslogans haben marken- und bildrechtlich schützen lassen. Mit dem Wort „Alfa“ gebe es aktuell 51 Einträge, die geschützt sind, darunter etwa Name, Schriftzug und Logo des italienischen Autoherstellers Alfa Romeo. Der jedenfalls hätte beim Deutschen Patent- und Markenamt rechtlich keine Handhabe, sich gegen eine Alfa-Partei zu wehren, erklärt man in München. Das geht nur, wo sich der Markenschutz auf den gleichen „Waren- und Dienstleistungssektor“ bezieht und sich deshalb zum Beispiel eine Verwechslungsgefahr ergeben könnte.
So gut geeignet „Alfa“ als Parteiname in Sachen Wortklang und positiven Assoziationen sein mag: Lucke und seine „Weckruf 2015“-Leute hätten sich wohl mehr Zeit nehmen sollen für die Auswahl. „Das Kreative macht nur etwa ein Viertel einer Namensfindung aus“, sagt Sybille Kircher. Einen Großteil der Zeit nehme es in Anspruch, mögliche negative Assoziationen zu prüfen und mögliche ähnliche Rechteinhaber. „Markenkollisionen bei ähnlichen oder gleichen Produkten sind ein teures Risiko“, sagt Kircher. Und führen im Falle von Bernd Lucke vielleicht dazu, dass die Kurzform Alfa künftig doch nicht auf den Stimmzetteln zu finden sein wird – sondern vielleicht die nichtssagende Langfassung. Beim Lebensrechtsverband Alfa jedenfalls sagt die stellvertretende Vorsitzende Alexandra-Maria Linder: „Der Name ist nicht das Problem, sondern die Abkürzung“.