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Rolf Witte – der Bochumer, der die Autobahnen baut

Rolf Witte – der Bochumer, der die Autobahnen baut

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87215375.jpg Foto: Ingo Otto / Funke Foto Services
Der Bochumer Rolf Witte hat die A 40 verbreitert und das Westkreuz angelegt. Nun plant der wichtigste Bauingenieur der Region die A 43.

Bochum. 

Lärmschutz ist lila! Auf dem Bauzeitplan an der Wand hat nämlich jede Arbeit ihre Farbe: Blau markiert ist der Zeitraum für den Tunnelbau, rot der für die eigentliche Arbeit an der Straße, gelb ist der Brückenbau. Kleine farbige Rechtecke, noch viel mehr, die sich unter Jahreszahlen strecken. 2018, 2019, 2020 . . . Rolf Witte sollte dann längst im Ruhestand sein: Im nächsten Mai hat er seine 45 Jahre zusammen. Doch daraus wird nichts. Er will nicht. „Ich könnte eigentlich gehen, aber das Ding ist so interessant!“

Wohlgemerkt, er redet über eine Autobahnbaustelle.

„Das Ding“: Der Landesbetrieb „Straßen NRW“ baut die Autobahn 43 vom Recklinghäuser Norden bis in den Bochumer Süden auf sechs Spuren aus. Und der Abschnitt vom Rhein-Herne-Kanal bis Bochum-Nord, den soll Witte machen. Im engeren Sinn gebaut wird dort vermutlich zwischen Ende 2018 und Anfang 2022, doch die Vorbereitungen laufen längst. Planungen, Gespräche, Absprachen, Koordination, „wie man was wo am besten baut“. Der rechtskräftige Baubeschluss wird für das nächste Frühjahr erwartet. Und der 62-jährige Bauingenieur Witte ist dann der Projektleiter. Wieder mal.

Früher war die Arbeit einfacher

Denn man muss wissen: Es fährt praktisch niemand im Ruhrgebiet, der nicht schon Wittesche Autobahnen befahren hätte. Die sechsspurige A 2 im Dortmunder Norden. Die B 236 Richtung Schwerte. Die sechsspurige A 40 in Bochum. Das Westkreuz. Der Anschluss der A 31 an die A 2 in Bottrop. Der war einfach, „es gab keinen Verkehr, es gab ja die 31 noch nicht“.

Herr Witte, mögen Sie es kompliziert lieber? „Och, das ist normal.“ Die 43 wird nämlich anders. Da wird der Verkehr durch die Baustelle rollen müssen, 100 .000 Fahrzeuge Tag für Tag. Während vor aller Augen die Autobahn bis zu einem Meter tiefergelegt wird und bis zu 28 Meter weiter nach Westen: Und der Mittelstreifen wird dann dort sein, wo jetzt die rechte Fahrspur Richtung Bochum ist. Noch Fragen zur Größe des „Dings?“

Witte gilt als Anpacker. Zeitsoldat war er, bevor er zum heutigen Landesbetrieb „Straßen NRW“ ging. In der Niederlassung Ruhr in Bochum sitzt er im 4. Stock und kann vom Flur aus auf die 40 herabschauen. Doch eigentlich ist er viel lieber draußen als im Büro. „Es fängt gerade wieder an, dass man mehr Außentermine hat.“ Sagen wir es so: Dienstlich brauchte er das Festnetz nicht wirklich. Zentrale anrufen, Nachricht hinterlassen, Witte ruft zurück. Kann aber dauern. „Er ist noch auf der Baustelle.“

Ein Feldherrenhügel in der Mondlandschaft

Einer, der die Kunst beherrscht, unfallfrei aus der Autobahnbaustelle in den fließenden Verkehr zu biegen. Einer, der so in Schräglage über Aushubhalden fährt, dass man denkt, gleich fällt der Geländewagen um. Tut er natürlich dann doch nicht. Als das Westkreuz noch eine einzige Mondlandschaft war, da hatte Witte für sich einen hoch gelegenen Punkt gefunden in der Nähe von Thyssen-Krupp, von dem aus die ganze Baustelle wie ein riesiges Wimmelbild einsehbar war: sein Feldherrenhügel.

Auch die 43 will er von vorne leiten, von der Baustelle aus, sucht noch einen Platz für die Container. Oder ein leer stehendes Haus. Wer entscheidet das? „Ich.“ Da ist man näher an den Firmen, an den Problemen, die auch dann wieder kommen werden. Bergbaulöcher, die niemand mehr kennt, Leitungen, die nirgendwo verzeichnet waren, eine Lehm-Lache. „Dann braucht man vielleicht eine völlig neue Statik oder ein anderes Gründungssystem, und schon ist man ein halbes Jahr weiter.“ Da klingt Autobahnbau ein bisschen wie Krieg in der Definition des älteren Moltke: gut planbar – bis zur ersten Feindberührung.

2018 wird Rolf Witte 65. Da fängt das Bauen an der 43 gerade erst an. „Ich könnte bis 67, aber ich weiß noch nicht.“