Der umstrittene Leichenpräparator Gunther von Hagens darf sein „Körperwelten“-Museum in Berlin eröffnen. Das gefällt längst nicht allen.
Berlin.
Die Toten posieren als Denker, als Radfahrer mit Sonnenbrille im Gesicht oder beim Sex. Die Haut hat man ihnen abgezogen, ihre Muskeln und Nervenstränge sind gut sichtbar. Die schwarze Lunge eines Rauchers steht eindrucksvoll neben dem hellrosa Organ eines Nichtrauchers. Etwa 20 plastinierte Körper und bis zu 200 Einzelstücke will der umstrittene Leichenpräparator Gunther von Hagens dauerhaft in einem „Menschen-Museum“ zeigen – mitten in Berlin, am Fuße des Fernsehturmes.
Der Bezirk Mitte lief Sturm dagegen. Nach seiner Auffassung handelt es sich um Leichen, und deren Ausstellung sei nach dem Bestattungsrecht nicht zulässig. Die Richter sehen das nun anders. Ende Januar soll das Museum eröffnet werden.
Von Hagens nennt Museum einen lang gehegten Traum Von Hagens, der das Museum vor einigen Monaten als einen lang gehegten Traum bezeichnet hat, braucht dafür jedenfalls keine Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz. So urteilte das Verwaltungsgericht am Freitag. Nach dem Willen des Gesetzgebers seien plastinierte Körper keine Leichen im Sinne der Vorschrift, begründete der Vorsitzende Richter Björn Schaefer das Urteil. In dem Gesetz gehe es um die schnelle Bestattung Verstorbener. Plastinate aber verwesten nicht und könnten damit nicht auf einem Friedhof bestattet werden. Auch eine Einäscherung sei nicht möglich.
Am dem 7. November ist die Ausstellung „Körperwelten der Tiere“ erstmals in Ruhrgebiet zu sehen.
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© Gunther von Hagens‘ KÖRPERWELTEN der Tiere, Institut für Plastination, Heidelberg, www.KoerperweltenDerTiere.de
Nach eigenen Angaben haben Plastinator Dr. Gunther von Hagens und Kuratorin Dr. Angelina Whalley damit europaweit bereits eine Million Besucher begeistern können.
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Elefantenkuh „Samba“ ist mit einer Länge von 6 Metern und einer Höhe von 3,50 Metern das gewaltigste Lebewesen, das je plastiniert wurde. Rund 64.000 Arbeitsstunden, vier Tonnen Silikon und 40.000 Liter Azeton hat das Ausstellungsteam hierfür investiert.
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Auch der Braunbär weist eine stattliche Größe von 2,50 Metern auf.
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Der Gorilla steht dem nur wenig nach.
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Über fünf Meter hoch ist die dreidimensionale Scheiben-Giraffe.
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Schauplatz von „Körperwelten der Tiere“ ist das ehemalige Autohaus Lueg an der Hermannshöhe.
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Auf über 1000 Quadratmetern sollen über 100 Exponate zu sehen sein.
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Die Macher versprechen „Einblicke in Nervensystem, Knochenbau, Muskulatur und Organe unserer tierischen Verwandten“.
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In der Ausstellungshalle lösen die Plastinate die Armee der Terrakotta-Krieger ab, die dort derzeit noch zu sehen ist.
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Die tierischen Ausstellungsstücke werden durch Tierfilmaufnahmen des Partners NAT GEO WILD ergänzt.
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Die Ausstellungshalle liegt an der Hermannshöhe 42 in der Nähe des Bochumer Hauptbahnhofs.
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„Körperwelten der Tiere“ läuft in Bochum bis zum 25. Februar 2015.
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Von Hagens‘ menschliche Körperwelten hatten von August 2013 bis März 2014 300.000 Besucher in Bochum angezogen.
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Von dienstags bis sonntags ist die Ausstellung „Körperwelten der Tiere“ von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
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Letzter Einlass ist jeweils um 17 Uhr.
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Geschlossen ist „Körperwelten der Tiere“ montags (außer am 29. Dezember 2014 und am 5. Januar 2015) sowie am 24. und 25. Dezember 2014 und am Neujahrstag 2015.
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Karten gibt es bereits jetzt an den gängigen Vorverkaufsstellen.
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Ab dem 7. November dann auch an der Tageskasse der Ausstellung.
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Die Preise: Einzeltickets ab neun Euro für Kinder und Jugendliche, der Normalpreis liegt bei 15 Euro, Gruppentickets ab acht Euro, Familientickets ab 40 Euro, Schulklassen pro Person acht Euro.
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Im Kölner Zoo war die Ausstellung im Jahr 2011 fünf Monate lang zu sehen. In Bochum werden einige zusätzliche Exponate zu sehen sein.
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In Bochum rechnen die Veranstalter im Vorfeld defensiv mit 80.000 Zuschauern.
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Bis Mitte September werden die „Körperwelten der Tiere“ noch in der MHP Arena Ludwigsburg gezeigt.
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Weitere Infos im Internet: www.KoerperweltenDerTiere.de
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Nicht um den Tod, sondern um das Leben geht es erklärtermaßen auch von Hagens‘ Frau und Kuratorin, Angelina Whalley. Sie war im Verwaltungsgericht dabei. Ihr an Parkinson erkrankter Mann, der immer mit schwarzem Filzhut auftritt, war nicht dabei. Er hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Für sie als Ärztin sei die Ausstellung ein Erfolg, weil sie Menschen zum Nachdenken anrege, sagte Whalley. „Viele Menschen nehmen ihren Körper nach dem Besuch der Ausstellung nicht mehr für selbstverständlich“, sagt Whalley bei der mündlichen Verhandlung. „Sie hören etwa mit dem Rauchen auf.“
Behörde ist gegen „Körperwelten“ als Dauer-Ausstellung Der Bezirk Mitte sieht das anders – für ihn verstößt die geplante Dauerausstellung gegen die Menschenwürde. Ähnlich argumentieren seit Jahren auch andere „Körperwelten“-Kritiker. Die Körper würden in „effekthascherischen Posen“ ausgestellt, die „Sensationslust“ werde bedient. Spender hätten keinen Einfluss darauf, in welchen Posen ihre Leichen ausgestellt würden.
Die Themenausstellung „Körperwelten und der Zyklus des Lebens“ mit Plastinaten des menschlichen Körpers ist erstmals im Ruhrgebiet zu sehen, in Bochum an der Hermannshöhe, am Donnerstag, den 29. August 2013 in Bochum. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
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Die Themenausstellung „Körperwelten und der Zyklus des Lebens“ mit Plastinaten des menschlichen Körpers ist erstmals im Ruhrgebiet zu sehen, in Bochum an der Hermannshöhe, am Donnerstag, den 29. August 2013 in Bochum. Heinz Hölscher, Svenja Stadermann und Andreas Mühlenbernd stellen ihren Körper nach dem Tod Körperwelten zur Verfügung. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
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Die Themenausstellung „Körperwelten und der Zyklus des Lebens“ mit Plastinaten des menschlichen Körpers ist erstmals im Ruhrgebiet zu sehen, in Bochum an der Hermannshöhe, am Donnerstag, den 29. August 2013 in Bochum. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
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Die Themenausstellung „Körperwelten und der Zyklus des Lebens“ mit Plastinaten des menschlichen Körpers ist erstmals im Ruhrgebiet zu sehen, in Bochum an der Hermannshöhe, am Donnerstag, den 29. August 2013 in Bochum. Dr. Angelina Whalley gestaltet die Körperwelten. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
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Die Themenausstellung „Körperwelten und der Zyklus des Lebens“ mit Plastinaten des menschlichen Körpers ist erstmals im Ruhrgebiet zu sehen, in Bochum an der Hermannshöhe, am Donnerstag, den 29. August 2013 in Bochum. Raucherlunge. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
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Für diese Bedenken lässt das Gericht dem Bezirk eine Hintertür offen: Verstoßen die Ausstellungsmacher gegen die öffentliche Ordnung – verletzen sie etwa die Menschenwürde – könne die Behörde ein Verbot jederzeit auf das allgemeine Ordnungsrecht stützen. Das Berliner Bezirksamt Mitte überlege dennoch, ob es auf diesem Weg gegen das geplante Museum vorgehen kann, sagt die Rechtsamtsleiterin Luise Geisler-Ortmann.
Dem Anwalt der Klägerin – also des Unternehmens, das die Ausstellung organisiert – bereitet das keine Sorgen: Die plastinierten Körper würden nicht in lächerlich machenden Posen ausgestellt, sagt er nach der Urteilsverkündung. Die Menschenwürde werde gewahrt.
Bezirk findet Begründung des Gerichts nicht überzeugend Der Berliner Bezirk Mitte erwägt dennoch in Berufung zu gehen. Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) sagte am Freitag im rbb-Inforadio, man werde das schriftliche Urteil „genau prüfen“ und gegebenenfalls Rechtsmittel einlegen. Die bisher nur mündlich vorgetragene Begründung des Gerichts sei „noch nicht überzeugend“ gewesen.
„Vorgetragen wurde, dass es sich bei den Körpern, die ausgestellt werden, nicht um Leichen handelt, weil man sie nicht bestatten kann und weil sie nicht verwesen können.“ Der SPD-Politiker bezeichnete das als merkwürdige Argumentation: „Wir haben viele Gerichtsurteile gescannt – auch vergleichbares vom Oberverwaltungsgericht – und das ging immer in die Richtung, dass natürlich auch Plastinate Leichen und Leichenteile sind.“ (dpa)