Kurz vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gewinnt die neue Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zunehmend an Popularität. So kommt die neue Partei in aktuellen Umfragen in Thüringen auf rund 20 Prozent, in Sachsen auf rund 15 Prozent.
Doch das Wagenknecht-Umfragehoch hat auch viele Gegner: In einem offenen Brief äußern ehemalige DDR-Bürgerrechtler scharfe Kritik und warnen vor einer möglichen Regierungsbeteiligung des BSW!
Offener Brief sorgt für Aufsehen
Die Initiative zu dem offenen Brief ging von Sachsen aus und fand schnell Unterstützung bei prominenten Bürgerrechtlern wie Marianne Birthler, der ehemaligen Chefin der Stasi-Unterlagen-Behörde. Birthler äußerte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: „Es herrscht große Beunruhigung darüber, dass das BSW mitregieren könnte, vor allem wegen der außenpolitischen Positionen der Wagenknecht-Partei“.
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Zu den Unterzeichnern des Briefes zählen auch Christian Dietrich, ehemaliger Thüringer Beauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Erfurter Bürgerrechtlerin Barbara Sengewald und der letzte DDR-Außenminister Markus Meckel (SPD). Die Kritik richtet sich insbesondere gegen Äußerungen von Sahra Wagenknecht und anderen BSW-Mitgliedern zum Krieg in der Ukraine.
Vorwürfe gegen Wagenknecht
Im Mittelpunkt der Kritik stehen Aussagen von Sahra Wagenknecht, die sich immer wieder zum Ukraine-Krieg polarisierend äußert. So sagte sie Mitte 2023 gegenüber der „ARD“ alle Militärexperten würden eine Niederlage der Ukraine vorhersagen. Diese und weitere Aussagen wurden von den Autoren des Briefes als irreführend und falsch bezeichnet.
Der Brief endet mit einem eindringlichen Appell an die demokratischen Parteien, insbesondere die CDU, sich genau zu überlegen, ob sie nach den Landtagswahlen eine Koalition mit dem BSW eingehen wollen. Zudem wird gefordert, sich deutlicher vom „nationalen Sozialismus“ des BSW zu distanzieren.
„Frieden schaffen ohne Waffen“
Sahra Wagenknecht ließ die Kritik nicht unbeantwortet und reagierte scharf. „Der Brief ist wohl kaum im Sinne der DDR-Bürgerrechtsbewegung“, erklärte sie. Viele Bürgerrechtler hätten sich einst unter den Slogans „Frieden schaffen ohne Waffen“ und „Schwerter zu Pflugscharen“ für Frieden und Diplomatie eingesetzt. Weiter sagte Wagenknecht, dass das Bemühen um eine diplomatische Beendigung des Ukraine-Krieges als russische Propaganda zu nennen, eine Beleidigung für Millionen Ostdeutsche sei.
Wagenknecht vermutet hinter dem offenen Brief den Versuch, ihre neue Partei kurz vor den entscheidenden Wahlen zu diskreditieren. „Viele Ostdeutsche fühlen sich bei politischen Debatten wieder an die Enge der DDR-Zeit erinnert“, fügte sie hinzu.
Wagenknecht verteidigte zuvor DDR
Auch die Thüringer BSW-Chefin Katja Wolf wies die Vorwürfe zurück. „Unsere Partei hat stets klar gesagt, dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine nicht zu rechtfertigen ist“, betonte sie im Gespräch mit MDR Thüringen. Niemand spreche der Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung ab. Das BSW fordere lediglich lautstärker als andere Parteien Friedensgespräche. Wolf zeigte sich besorgt über die Aufforderung der Bürgerrechtler an die CDU, keine Zusammenarbeit mit dem BSW zu erwägen.
Der Konflikt zwischen den Bürgerrechtlern und Sahra Wagenknecht hat auch historische Wurzeln. Bürgerrechtler wie Meckel und Birthler protestierten im Herbst 1989 gegen die DDR-Einheitspartei SED. Wagenknecht trat hingegen noch im selben Jahr in die SED ein und verteidigte die DDR auch Jahre nach deren Ende. Erst später distanzierte sie sich von dieser Position.
Wahlausgang bleibt spannend
Die bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg versprechen spannend zu werden. Die CDU und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) haben eine Zusammenarbeit mit dem BSW bislang nicht ausgeschlossen. Wagenknecht betonte, dass sich das BSW nur an einer Landesregierung beteiligen werde, die sich klar für Diplomatie und gegen Kriegsvorbereitungen ausspricht.