Bereits zum zweiten Mal soll die Ukraine eine Lieferung der international geächteten Streumunition aus den USA erhalten. Bereits im Juli dieses Jahres hatte US-Präsident Biden zum ersten Mal die Lieferung von Streumunition an die Ukraine beschlossen und damit international für viel Kritik gesorgt.
Die humanitäre Hilfsorganisation Handicap International (HI) verurteilt die Lieferung und den Einsatz dieser Waffen und appelliert an die Konfliktparteien, den Einsatz von Streumunition unverzüglich einzustellen. Wegen ihrer besonderen Gefahr für die Zivilbevölkerung wurde Streumunition von der Mehrzahl der Länder der internationalen Staatengemeinschaft verboten.
„Barbarische Waffe“ sollte nicht eingesetzt werden
„Wir sind gegen jede Weitergabe von Streumunition, egal unter welchen Umständen und an welche Partei. Dabei stehen wir in Übereinstimmung mit der Oslo Konvention von 2008, die den Einsatz, die Lagerung, die Weitergabe, die Herstellung und den Verkauf von Streumunition verbietet“, betont Dr. Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung von Handicap International Deutschland.
124 Staaten haben die Oslo Konvention unterzeichnet, und das Verbot dieser barbarischen Waffe sei damit eine weithin anerkannte internationale Norm, so Fischer. „Die Weitergabe von Streumunition durch die US-Regierung an die Ukraine schwächt den weltweiten Konsens gegen den Einsatz von Streumunition und untergräbt die Bemühungen um deren Abschaffung.“
Wie verbreitet ist der Einsatz der geächteten Munition in der Ukraine?
Seit 2014 haben die russischen Streitkräfte in der Ukraine intensiv Streumunition eingesetzt, durch die Hunderte von Zivilisten getötet oder verletzt und wichtige zivile Infrastrukturen massiv beschädigt wurden. Auch über den Einsatz dieser Waffen durch ukrainische Streitkräfte wurde mehrfach berichtet.
Im Jahr 2022 wurden in der Ukraine 916 Opfer durch Streumunition registriert, davon 890 direkt durch Angriffe mit Streumunition. Da während des Krieges Daten oft nur unvollständig übermittelt werden, ist diese Zahl wahrscheinlich zu niedrig angesetzt.
Warum sind Streubomben so gefährlich?
Streumunition gehört zu den gefährlichsten Waffen für die Zivilbevölkerung. 95 % aller Menschen, die durch diese Waffen getötet oder verletzt werden, sind Zivilist*innen. Wenn Streumunition aus einem Flugzeug abgeworfen oder vom Boden abgeschossen wird, setzt sie Hunderte von Submunitionen frei, die eine Fläche so groß wie ein Fußballfeld bedecken können. Dadurch trifft sie immer wahllos militärische Ziele und gleichzeitig zivile Opfer.
Das solltest du über Streumunition wissen:
- Setzt Hunderte von Submunitionen frei, die eine Fläche von einem Fußballfeld bedecken können
- Sie werden vor allem für weiche Ziele oder Infrastruktur eingesetzt.
- Werden in Form von Fliegerbomben, Artillerie-Geschossen oder als Sprengköpfe für Marschflugkörper eingesetzt.
- 10 bis 40 Prozent explodieren nicht direkt beim Aufprall, wodurch die Blindgänger-Gefahr hoch ist.
- Oslo-Konvention verbietet Einsatz von Streumunition.
Da zwischen 10 und 40 % der Submunitionen beim Aufprall nicht explodieren, bedeuten diese Waffen oft noch lange nach Beendigung der Kampfhandlungen eine ernsthafte Bedrohung für die lokale Bevölkerung.
Höchste Opferzahl seit 2010
Nachdem Einsätze von Streumunition nach dem Abschluss des internationalen Verbotsvertrags jahrelang zurückgegangen waren, sind in jüngster Zeit die Einsätze und die Zahl der durch sie verursachten Opfer wieder angestiegen: Im Jahr 2022 wurden 1.172 Menschen durch Streumunition getötet oder verletzt. Dies ist die höchste jährliche Zahl, die der Streubomben-Monitor seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 2010 verzeichnet hat.
Ukraine auf Streumunition angewiesen
Der Einsatz von Streumunition bringt der Ukraine jedoch viele Vorteile im Angriffskrieg gegen Russland. Kiew hatte wiederholt den Wunsch nach Streumunition geäußert, um die russischen Besatzungstruppen effektiver bekämpfen zu können. Da der Ukraine die Munition ausgeht und auch die USA derzeit nicht genügend liefern können, soll die Streumunition für eine „Übergangszeit“ eingesetzt werden.