Es wirkt wie eine Szene aus einem Film – zu kurios, um wahr zu sein: Plötzlich für tot erklärt werden. Doch genau das ist Rentnerin Ingrid Schlegel (76) aus Bayreuth widerfahren.
Über vier Monate wurde die gelernte Verkäuferin von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Nordbayern für tot gehalten. Besonders unglaublich: Die Rente landet Monat für Monat auf ihrem Konto – und das, obwohl sie schon seit Ende März verstorben sein soll. Seitdem kämpft sich die 76-Jährige in ihr altes Leben zurück.
Rente: „Habe gedacht, ich hab‘ mich verhört“
Doch der Reihe nach: Am Freitag (4. August) wollte Schlegel zwei Überweisungen im Online-Banking tätigen, als sie merkte, dass ihr Konto gesperrt worden war. Das kann sich die 76-Jährige nicht erklären, schließlich hatte sie zwei Tage zuvor noch mit ihrer Sparkassenberaterin gesprochen – auch war ihr Konto zu dem Zeitpunkt gedeckt.
Auch ein Neustart des Computers änderte nichts an dem Umstand. Schlegel wendet sich an die Service-Hotline. Dort wird sie von der Mitarbeiterin drei Mal nach Namen, Geburtsdatum und Adresse gefragt. „Rede ich so undeutlich?“, fragt sich Schlegel erst. Die folgenden Worte der Sparkassen-Mitarbeiterin kann die Rentnerin kaum glauben: „Frau Schlegel, wir haben eine Meldung von der Deutschen Rentenversicherung bekommen: Sie sind verstorben“. Schlegel bekommt nur ein „Wie bitte?“ heraus. „Ich hab‘ gedacht, ich hab‘ mich verhört.“
Ein ein paar Tage zuvor hatte Schlegel angesichts der Rentenerhöhung zum 1. Juli auch einen neuen Rentenbescheid erhalten. Besonders kurios: „Am 2. August hat die Deutsche Rentenversicherung 3.792,18 Euro abgezogen“. Der Grund? Die DRV Nordbayern erhielt eine Mitteilung des Renten-Services der Deutschen Post, dass Frau Schlegel verstorben sei – ihre Rente wurde aber noch bis einschließlich Juli gezahlt. „Der überzahlte Betrag wurde daraufhin vom Renten-Service von der Empfängerbank zurückgefordert und von dieser auch an uns zurück gebucht“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage dieser Redaktion mit.
Rente: „Da stimmt doch irgendwas nicht“
Direkt am Montagmorgen geht Schlegel dann zu ihrer Bankberaterin. Diese zeigt ihr das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung. Gemeinsam überprüfen sie das Dokument: Name und Adresse sind korrekt, jedoch befindet sich darauf nicht ihre Rentenversicherungsnummer, sondern die ihres verstorbenen Mannes. „Das stimmt doch irgendwas nicht“, denkt Schlegel. Auch der angebliche Todestag ist kurios: „Am 22. März soll ich schon gestorben sein und am 4. August erfahre ich das“. Und: „Der 22. März ist der Todestag meines Mannes, allerdings 2005.“
Wie kann das also sein? Die Versicherung erfährt von Todesfällen durch die Einwohnermeldeämter. Beim Renten-Service der Deutschen Post sei ein „menschlicher Fehler“ passiert, wie auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt wird. „Es lag eine Namensverwechslung vor“, erklärt die DRV-Sprecherin.
Rente: Auch bei Krankenversicherung abgemeldet
Abgesehen von ihrem Konto spürt Schlegel die Falschmeldung auch in einem anderen alltäglichen Bereich. Als ihr Lebensgefährte die Blutdrucktabletten mit der AOK-Versicherungskarte abholen möchte, funktioniert die Karte nicht. „Ich habe vor zwei Wochen erst eine neue bekommen“, wundert sich Schlegel. Doch auch die Versicherung erhielt die Meldung der DRV. „Das ist uns auch noch nicht passiert“, teilt ihr der AOK-Angestellte wenige Tage später mit. „Mir auch nicht“, kontert Schlegel, die bis zu ihrem Renteneintritt 2007 als Reinigungskraft gearbeitet hat.
Sie muss einen neuen Antrag für die AOK ausfüllen – doch bis heute wartet die 76-Jährige auf eine neue, funktionierende Karte. Für den Übergang erhielt sie immerhin eine Bescheinigung. „Gott sei Dank bin ich ein Mensch, der noch nicht zu oft einen Arzt braucht“, erzählt Schlegel.
Rente: „Wissen gar nicht, was das für einen Rattenschwanz nach sich zieht“
Selbst bekommt Schlegel keine Auskunft von der DRV. „Nur einen Brief, in dem sie sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen“, erzählt die Rentnerin. Aber: „Die wissen gar nicht, was das für einen Rattenschwanz nach sich zieht“. Als Entschuldigung erhält sie außerdem einen Floristen-Gutschein in Höhe von 20 Euro. „Ich will keinen Gutschein – ich will nur, dass alles wieder so läuft wie davor“, betont Schlegel.
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Drei Wochen lang musste sie für Überweisungen in die Bankfiliale, ehe ihr Online-Banking wieder freigeschaltet wurde. „30 Jahre hat man die selbe PIN, und dann muss man sich eine neue Nummer merken“, ärgert sich Schlegel. Immerhin: Das Geld, das die Rentenversicherung ihr abgezogen hatte, ist mittlerweile wieder auf ihrem Konto.