Veröffentlicht inPolitik

Rente: „Desto mehr bekommst du“ – Gedankenspiele innerhalb der Ampel sorgen für Aufsehen

In einer Ampel-Partei wird laut über eine große Reform der Rente nachgedacht. Das neue Modell soll Anreize setzen.

Flexibler Eintritt in die Rente
© IMAGO/Zoonar II

Scholz: Das Renteneintrittsalter wird nicht angehoben

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich in der Diskussion um eine mögliche Erhöhung des Renteneintrittsalters klar positioniert: Das dürfe und werde es nicht geben, sagte er in einer Befragung im Bundestag.

Eine Reform der staatlichen Rente ist aus Sicht vieler Experten und Politiker überfällig. Nun gibt es innerhalb der Ampel-Koalition neue Gedankenspiele.

Ein Vorschlag zur Modernisierung des Rentensystems aus den Reihen der FDP sorgt besonders für Aufsehen. Der sozialliberale Johannes Vogel will ein Erfolgsmodell der Schweden für Deutschland kopieren.

Rente: Eintrittsalter soll völlig modernisiert werden

Der stellvertretende FDP-Chef und Parlamentarische Geschäftsführer seiner Fraktion will die staatliche Rente modernisieren. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland bringt Vogel ein „wirklich flexibles Renteneintrittsalter“ ins Spiel, wie es das auch in Schweden gebe.

Konkret: „Du entscheidest selbst, wann du in Rente gehst und je später du gehst, desto mehr Rente bekommst du.“ Das Renteneintrittsalter wäre damit nach oben und unten offen – zumindest auf dem Papier.

Faktisch wird es viele Menschen geben, die es sich gar nicht leisten könnten, mit beispielsweise 63 schon in Rente zu gehen, weil sie auf ihren niedrigen Lohn angewiesen sind und dringend noch etwas mehr für ihre Rentenpunkte tun müssen. Überhaupt nicht garantiert ist auch, dass gerade die Facharbeiter, meist Top-Verdiener mit Tarifverträgen, freiwillig länger arbeiten werden, wenn sie sowieso schon eine ordentliche Rente in Aussicht haben. Lieber gesund mit 64 komplett abschalten, statt mit 69 am Arbeitsplatz einen Herzinfarkt erleiden? Wie werden die Menschen bei der Risikoabwägung zwischen mehr Geld oder mehr Zeit im letzten Lebensabschnitt entscheiden? Werden sie die materiellen Anreize stärker gewichten? Fraglich.

Rentenreform: Kann man Schweden und Deutschland überhaupt vergleichen?

Vogel sieht dagegen Vorteile in seinem Modell: Die Menschen könnten selbstbestimmt in Rente gehen und es helfe dem Wirtschaftswachstum, wenn Fachkräfte, „die im Schnitt immer länger fit bleiben“, länger arbeiten. Dies müsse man ihnen jetzt quasi schmackhaft machen.

Kritik vom Vorstoß von Johannes Vogel kommt direkt vom Sozialverband Deutschland (SoVD). Dessen Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier (SPD) entgegnet, dass das Rentensystem schon heute durchaus flexibel genug gestaltet sei. „Es gibt sehr flexibel geförderte Möglichkeiten über die Regelaltersgrenze hinaus zu arbeiten. Mit Zwang wird der Fachkräftemangel nicht überwunden“, so die Soziallobbyistin. Und weiter kritisiert sie, dass auch die Gesundheitsprävention mitgedacht werden müsse: „Herr Vogel vergisst dabei, dass Deutschland im Vergleich zu Schweden in puncto Arbeitsbedingungen nicht mithalten kann. In Schweden finden Beschäftigte ein Arbeitsumfeld vor, das sie in der Tat dazu befähigt und motiviert, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen.“


Weitere interessante Nachrichten:


In dieser Legislaturperiode wird die Ampel-Koalition mit Sicherheit keine große Reform der Rente mehr angehen. Kanzler Olaf Scholz hatte jüngst im Bundestag erklärt, das Renteneintrittsalter nicht anheben zu wollen. Doch möglicherweise wird der Vogel-Vorstoß in der kommenden Legislaturperiode nochmal heiß…