Es scheint so, als habe sich die SPD-Spitze selbst in ein Sommerloch gebuddelt – und müsse da nun erst mal wieder herauskommen! Die SPD will die Partei der Normalverdiener sein, die sich durch Fleiß und das Ergreifen von Bildungschancen ein besseres Leben ermöglichen. Da passt der neueste Steuer-Vorstoß von Parteichef Lars Klingbeil so gar nicht ins Bild.
Weil die Sozialdemokraten die Ehe gegenüber anderen Lebensmodellen steuerlich nicht mehr bevorteilen will, soll das Ehegattensplitting bei der Steuer für Neuverheiratete wegfallen. So soll vor allem die Alleinverdiener-Ehe bzw. „Hausfrauen-Ehe“ an Attraktivität verlieren und die Berufstätigkeit beider Ehepartner gefördert werden. Dass man damit aber das eigene Klientel massiv belasten würde, hat man offenbar im Willy-Brandt-Haus nicht zu Ende bedacht.
Steuer-Vorstoß der SPD: Normalverdiener würden in die Röhre schauen
Steuerexperte Dr. Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat das nun übernommen. An zwei Beispielen wird klar, wie stark der SPD-Vorschlag Menschen aus der Mitte belasten würde, sofern kein anderer steuerlicher Ausgleich geschaffen wird. Bachs Rechnungen gehen so:
- Alleinverdiener-Paar mit 3.500 Euro brutto im Monat: Bisher zahlen sie 2.200 Euro Einkommenssteuer jährlich. Ohne Ehegattensplitting wären es satte 5.640 Euro. Ein Plus von 155 Prozent!
- Paar mit zwei Einkommen 3.000 Euro und 1.500 Euro brutto im Monat: Bisher jährlich 4.350 Euro Einkommenssteuer, ohne Ehegattensplitting wären es 6 Prozent mehr, also 260 Euro zusätzlich.
Lindner und Steinbrück teilen aus gegen SPD-Idee: „Heißluftballon“
Auch Christian Lindner rechnet vor, wie stark sich die Steuer-Belastung für Ehepaare aus der Mitte der Gesellschaft erhöhen würde. Am Beispiel eines Paares mit eher unterdurchschnittlichen Löhnen kam der FDP-Politiker auf eine zusätzliche Steuerlast von 50 Prozent (siehe Tweet). Er fragt sich: „Sind das die Menschen, die man mehr belasten sollte?“
Lindners Ministerium warnt vor einer „gigantischen Mehrbelastung“ für Paare und Familien bei einem Wegfall des Ehegattensplittings und nennt die Summe von rund 25 Milliarden jährlich an zusätzlichen Abgaben. Wobei sich diese Zahl darauf bezieht, dass ebenfalls alle bestehenden Ehen betroffen wären – was SPD-Vorsitzender Klingbeil nicht will.
Auch der gescheiterte SPD-Kanzlerkandidat und frühere Finanzminister Peer Steinbrück nahm zuletzt in der ARD-Talkshow von Sandra Maischberger kein Blatt vor den Mund. Er zeigte ganz offen sein Unverständnis über die Steuer-Forderung seiner Genossen.
Er sprach in der Talkshow von einem „Heißluftballon“, den die SPD-Führung gestartet habe, ohne vorher die damit verbundenen Fragen geklärt zu haben. Eine Abschaffung des Ehegattensplittings würde „neue Ehen mit erheblichen Mehrsteuerausgaben belasten“ und am Gleichheitsgrundsatz rütteln.
„Es träfe bei Weitem nicht nur Reiche“
Und auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, kommt zum Urteil: „Einfach das Ehegattensplitting abschaffen, ist zu schlicht gedacht. Es träfe bei Weitem nicht nur Reiche.“