Die brutale Gewalttat in Freudenberg hat die Menschen bis weit über die Grenzen des kleinen NRW-Örtchens tief erschüttert. Zwei Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren hatten gestanden, ihre Mitschülerin am vergangenen Wochenende erstochen zu haben (mehr hier). Dass Kinder zu einer derartigen Gewalttat überhaupt fähig sind, sorgt bundesweit für Entsetzen.
Viele Fragen sind (zumindest für die Öffentlichkeit) bislang ungeklärt – und sollen es nach dem Willen der Ermittler in Freudenberg auch bleiben. Schließlich handelt es sich bei den mutmaßlichen Täterinnen noch um Kinder. Der Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte stehe über dem Anspruch der Öffentlichkeit nach Aufklärung. Ein Vorgehen, das nicht überall auf Verständnis stößt.
Freudenberg/NRW: Kritik an Ermittlern wird laut
Nach der Tat gab sich Mario Mannweiler bedeckt: „Was für Kinder möglicherweise ein Motiv ist für eine Tat, würde sich einem Erwachsenen möglicherweise nicht erschließen“, so der zuständige Leitende Oberstaatsanwalt in Koblenz. Dass der Persönlichkeitsschutz bei Minderjährigen höher anzusiedeln ist als bei Erwachsenen, ist auch für Professor Tobias Gostomzyk unbestritten. Es sei dringend geboten, Informationen zum Schutz der Identität der beiden Mädchen zurückzuhalten, so der Medienrechtler von der TU Dortmund.
Aber: „Über die Motive und das Tatgeschehen auch nach Abschluss des Verfahrens nicht zu informieren, halte ich für nicht tragfähig. Dafür ist die Tat zu spektakulär“, findet Gostomzyk und weiter: „Ich glaube nicht, dass das vor Gericht Bestand haben würde, weil die Tat so erschütternd und einzigartig ist – das öffentliche Interesse also erheblich.“
Hendrik Wüst: „Muss man aushalten können“
Hendrik Wüst sieht das anders: „Man muss auch mal aushalten, nicht jedes Detail wissen zu müssen“, sagte der Ministerpräsident am Samstag (18. März) auf einem CDU-Kreisparteitag in Siegen, nachdem er sich zuvor in das Kondolenzbuch in der evangelischen Kirche in Freudenberg eingetragen hatte. Es sei nicht an der Zeit, „irgendwas zu sagen, nur weil man das Schweigen nicht aushält.“
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Weil die Gesellschaft durch die Tat in ihren Grundfesten erschüttert wurde, geht Gostomzyk allerdings davon aus, dass die Behörden nach Abschluss der Ermittlungen mehr Details zur Tat mitteilen werden. „Wenn nicht, könnten die Medien ihren Auskunftsanspruch gerichtlich geltend machen.“
Es sei nachvollziehbar, dass die Ermittler sich bei laufenden Verfahren mit Details zurückhalten, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Nach Abschluss der Untersuchungen falle dieser Grund allerdings weg, findet Gostomzyk. „Und auf der anderen Seite stehe eben der rechtliche Belang des öffentlichen Interesses an Informationen.“ (mit dpa)