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Ruhrgebiet: Busfahrer packt aus – „Meine Frau weiß nie, ob ich heile nach Hause komme“

Ruhrgebiet: Busfahrer packen über schlimme Erfahrungen mit Fahrgästen aus. Doch ihre Worte richten sie nicht nur an die Fahrgäste.

Ruhrgebiet Busfahrer
© Rainer Raffalski / FUNKE Foto Services/ privat/ Montage DER WESTEN

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Am 4. November kam es im Ruhrgebiet zu einem schlimmen Vorfall. Ein Linienbus fuhr gegen 22 Uhr über die Mont-Cenis-Straße in Herne Richtung Innenstadt als plötzlich ein Unbekannter eine Jägermeister-Flasche gegen das Fenster des Busses warf. Der Busfahrer erlitt eine Schädelprellung und zahlreiche Schnittverletzungen im Gesicht.

Diese feige Gewalttat soll kein Einzelfall sein. Wie nun zwei andere Busfahrer gegenüber DER WESTEN berichten, fahre die Angst immer mit. Sie berichten von schlimmen Zuständen. Ihr Arbeitgeber, die Straßenbahn Herne – Castrop-Rauxel GmbH (HCR), schätzt die Lage allerdings anders ein.

Ruhrgebiet: Busfahrer werden immer öfter angegriffen

„Ich war auch 16 Jahre lang bei der HCR. Jetzt fahre ich Zug bei der DB. Das ist definitiv die beste Entscheidung gewesen. Es wird immer schlimmer. Das macht schon keinen Spaß mehr“, berichtet uns Mike, ein ehemaliger Busfahrer der HCR. Noch heute stehe er mit alten Kollegen in Kontakt, die von schlimmen Angriffen auf sie erzählen.

Andreas und Harry P. (Namen von der Redaktion geändert) sind schon beide weit über zehn Jahre Busfahrer. Doch von der früheren Wertschätzung ihres Berufes spüren sie heute nicht mehr viel. Es gebe zahlreiche Vorfälle in der letzten Zeit – von Eier-Würfen über Beleidigungen bis hin zum Spucken. Letzteres sei „sehr in Mode“ gekommen, so Harry.

„Schwerwiegende und uns gemeldete Vorfälle wie beispielweise körperliche Übergriffe, Spuckattacken und schwere Beleidigungen melden wir den Ordnungsbehörden. Ein signifikanter Anstieg an Straftaten gegenüber unseren Mitarbeitern ist nicht zu erkennen“, heißt es dagegen auf Nachfrage von einem Sprecher der HCR. Um das Personal jedoch zu schützen, habe das Busunternehmen zahlreiche Maßnahmen wie ein „Einsatz von Sicherheitsteams, Videoschutzanlagen oder der Installation von transparenten Schutzscheiben um den Arbeitsplatz der Fahrpersonale“ vorgenommen.

„Brauchen bei jeder Fahrt Security“

Auch die Busfahrer bestätigten im Gespräch mit DER WESTEN, dass an einigen besonders brisanten Haltestellen inzwischen Security-Personal postiert worden sei. Doch die bisherigen Sicherheitsmaßnahmen würden nicht ausreichen, wie Andreas meint: „Wir brauchen eigentlich bei jeder Fahrt Security-Leute“. Denn nach eigenen Angaben seien beide Busfahrer in ihrer Laufbahn bereits Opfer körperlicher Gewalt seitens der Fahrgäste geworden. „Bei einer Leistung von rund vier Millionen gefahrenen Kilometern ist der 100%ige Schutz von 200 Mitarbeitenden in unserem Fahrdienst jedoch nicht gänzlich zu gewährleisten“, bedauert auch die HCR.

„Früher haben uns die Busfahrer rausgeschmissen, wenn wir Mist gebaut haben. Heute dürfen wir nichts mehr machen. Es gibt keinen Respekt mehr. Wir dürfen noch nicht mal mehr etwas sagen oder die Fahrgäste aus dem Bus schmeißen“, ärgert sich der langjährige Busfahrer Andreas. Ihnen seien die Hände vom Arbeitgeber gebunden. Auf Nachfrage dieser Redaktion betont der Sprecher der HCR jedoch, dass die Busfahrer durchaus Möglichkeiten hätten: „Unsere Fahrdienstmitarbeiter verfügen in unseren Bussen über Hausrecht und können Personen, die als Gefahr für die Sicherheit im Bus eingestuft werden, des Fahrzeugs verweisen. Sollten diese Personen den Bus nicht verlassen, ist hier die Leitstelle zu kontaktieren. Die Leitstelle zieht bei Bedarf die Polizei hinzu.“

Busfahrer haben nur einen Wunsch

Wie seine Kollegen betont Andreas, gerne Busfahrer zu sein. Dennoch muss er im Interview mit DER WESTEN öfter durchatmen: „Ich liebe meinen Job, aber diese Anspannung mit den Fahrgästen ist katastrophal. Ich habe eigentlich den gefährlichsten Job, denn meine Frau weiß nie, ob ich heile nach Hause komme.“ Die aktuelle Lage mit Corona, der Inflation und den gestiegenen Energiepreisen habe die Situation noch verschlimmert.


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Den Frust würden die Fahrgäste an dem Buspersonal auslassen, so ihre Vermutung. „Es heißt immer, dass durch Corona die große Personalnot beim Fahrpersonal entstehe. Das ist aber Quatsch. Die Busfahrer sind einfach fertig und haben teilweise Angst, ihren Job zu machen“, wird Harry P. deutlich. „Aus zahlreichen Gesprächen mit den Mitarbeitenden aus unserem Fahrdienst und Prüfdienst nehmen wir durchaus wahr, dass der Ton gegenüber unserem Personal rauer geworden ist“, bestätigt auch der HCR-Sprecher. Das lasse sich jedoch schwer in Zahlen bemessen. „Durch die seit mehr als zwei Jahren andauernde Maskenpflicht in unseren Bussen kommt es vermehrt zu Dialogen unseres Personals mit Maskenverweigerern. Während sich der weit überwiegende Teil an Fahrgästen korrekt verhält, werden unsere Mitarbeitenden bei der Ansprache an einen sehr kleinen Teil an Maskenverweigerern auch respektlos behandelt.“

So respektlos, dass die beiden Busfahrer schon oft über einen Berufswechsel nachgedacht haben. Dabei wünschen sie sich doch eigentlich nur wieder mehr Anerkennung zu erfahren.