Essen.
Jetzt geht es an die Substanz. Der städtische Betrieb Grün und Gruga wird wegen der Kürzungsvorgaben des Kämmerers in den nächsten beiden Jahren bis zu 50 Spielplätze stilllegen. Weitere könnten bis 2015 folgen. Werkleiter Bernd Schmidt-Knop ordnet die Sparmaßnahme so ein: „Angesichts dessen, was wir in den letzten Jahren erreicht haben, ist diese erzwungene Maßnahme zu verkraften.“
Vier Jahre lang war Grün und Gruga in Sachen Sparkurs ein Musterknabe. Von 2008 bis 2010 hat der Betrieb von seinen Rücklagen gezehrt, in diesem Jahr schmerzhafte Schnitte in der Friedhofsstruktur vollzogen, um das Minus dort einzugrenzen. Außerdem wurden die Eintrittspreise in den Grugapark angehoben.
Einschränkungen bei Waldwegen Schon im Frühjahr hatten Gründezernentin Simone Raskob, gleichzeitig erste Werkleiterin bei Grün und Gruga, und Bernd Schmidt-Knop gewarnt: Der Personalabbau wird Folgen haben. „Jeder Mitarbeiter muss, je älter er wird, immer mehr Fläche pflegen. Zusammen mit den Kürzungen im Sachmittelbereich hat dieser Personalabbau in den nächsten Jahren Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Stadtgebietes.“
An diesem Punkt ist Grün und Gruga mit dem Wirtschafts- und Finanzplan für 2012 jetzt angekommen. Neben dem Spielplatz-Abbau stehen weitere Sparzwänge an: So werden Waldwege künftig nur noch befahrbar gehalten für Forst- und Rettungsfahrzeuge. Folge: „Einschränkungen bei der Nutzbarkeit durch Kinderwagen, Rollstühle und Fahrräder.“ In einigen Parks wird künftig nur noch dreimal im Jahr statt wie bisher alle vier Wochen gemäht.
Um rund 9,8 Prozent soll sich die Grundsteuer B für Hauseigentümer erhöhen, doch diese Maßnahme trifft alle Essener Bürger, da Vermieter diese Kosten auf ihre Mieter abwälzen können. Mit 95 Millionen Euro Jahreseinnahme ist sie die zweitlukrativste Steuer für die Stadt. Zuletzt war sie 2002 angehoben worden, jetzt soll sie von 510 Prozent des Einheitswertes auf 560 steigen. Erhoffte Mehreinnahme: 10 Millionen Euro im Jahr. Rechnerisch kommen so auf jeden Einwohner, vom Baby bis zum Greis, 16 Euro Mehrkosten pro Jahr hinzu: Insgesamt zahlt künftig jeder Essener 180 Euro an die Stadt. Essen ist so teurer als Münster, Oberhausen oder Bochum, aber billiger als München, Düsseldorf, Frankfurt, Köln oder Berlin. Foto: Rüdiger Kahlke
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Hundebesitzer sollen ab 1. Juli 2010 bis zu 25 Prozent mehr Hundesteuern an die Stadt zahlen. Statt jährlich 141 Euro für einen Hund sollen es künftig 156 Euro sein; für zwei Hunde droht die Erhöhung von 172 Euro auf 216 Euro je Hund. Wer drei Hunde hat, soll je Tier 252 Euro statt 202 Euro zahlen. Geplante jährliche Mehreinnahme für die Stadt 383.000 Euro. oto: Fremdbild
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Die Spielsteuer, offiziell Vergnügungssteuer, wird auf Geldspielgeräten erhoben. Stehen diese in Spielhallen soll der Betreiber ab 1. Juli 14 Prozent statt bisher 12 Prozent des Einspielergebnisses an die Stadt abführen. Steht die „Daddelkiste“ in einer Gaststätte, sind 12 Prozent statt bisher 10 Prozent abzuführen. Mehreinnahme: 800.000 Euro pro Jahr. Foto: Büdenbender
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Um die mit der Absenkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen (von 19 auf 7 Prozent) seit Januar 2010 verbundenen Steuerausfälle abzumildern, sollen die rund 80 Essener Hotels mit ihren 5200 Betten von ihren Gästen ab 1. Juli 5 Prozent Aufschlag auf ihre Übernachtungspreise nehmen müssen. Erhoffte Einnahme dieser neuen Steuerart in Essen: 3 Millionen Euro. Foto: Oliver Müller
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150 Fließgewässer, von Bächen bis Flüssen, gibt es in Essen. Diese müssen gepflegt, gereinigt, bepflanzt werden. Die Stadtwerke haben diese Aufgabe übernommen und werden dafür von der Stadttochter „Grün und Gruga“ bezahlt. Diese Kosten holt sich die Stadt bisher nicht wieder. Jetzt will die Stadt aber Gewässerunterhaltungsgebühren nehmen – und zwar von „den Anwohnern im seitlichen Einzugsgebiet der Gewässer 2. Ordnung“ (1. Ordnung sind nur Ruhr und Rhein-Herne-Kanal). Erhoffte Mehreinnahme: 500.000 Euro pro Jahr. Foto: Remo Bodo Tietz
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Die Stadt schließt erstmals in diesem Jahr ihr Rathaus für längere Zeit komplett ab und macht Betriebsferien: Vom 22. Dezember bis 30. Dezember. Der Effekt: Mitarbeiter sollen Gleitzeit, Überstunden und Resturlaubstage abfeiern, dann muss die Stadt dafür keine Rückstellung mehr bilden. Ersparnis: 12,5 Millionen. Foto: H.W. Rieck
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Wegen sinkender Kinderzahlen sollen insgesamt 10 Grundschulzüge gestrichen werden. Die Grundschulen Dilldorf, Ludwig-Kessing und Markscheide werden aufgegeben. Allein daraus erhofft man sich ein Sparvolumen von 2,3 Millionen Euro. Die Hauptschulen Karnap, Bärendelle und andere noch unbekannte Standorte sollen geschlossen werden: Einsparvolumen von 2,5 Millionen Euro. Zudem sollen weitere Pavillons an den Schulen abgerissen werden – damit würden 50?000 Euro gespart. Foto: Remo Bodo Tietz
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Sieben von 16 Stadtteilbibliotheken in Essen sollen komplett geschlossen werden, welche sind noch nicht bekannt. Das Sparvolumen wird auf 314.000 Euro beziffert. Foto: Dirk Bauer
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Die Folkwang-Musikschule soll ab dem Wintersemester von ihren Teilnehmern insgesamt 200?000 Euro mehr Gebühren für ihren Unterricht einnehmen. Auch der Preis für die Nutzung schuleigener Instrument soll klettern; zudem sollen Geringverdiener, Arbeitslose und Familien mehr zahlen als die Unterrichtsgebühr von derzeit 5 Euro im Monat. Die Stadt will die Kurskosten wie andere Kommunen nur noch um 50 Prozent absenken. Foto: Remo Bodo Tietz
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Parken soll in der Innenstadt um bis zu 30 Prozent teurer werden. Mehr Bereiche als bisher gehören zur teuersten Parkzone – und statt nur bis 18 Uhr werden Parkgebühren bis 20 Uhr berechnet. Statt 50 Cent für die erste halbe Stunde und einen Euro für jede weitere halbe Stunde heißt es künftig: 30 Cent kostet die erste Viertelstunde, 40 Cent die zweite und jede weitere Viertelstunde 50 Cent. Mehreinnahme: Eine Million Euro. Foto: Oliver Müller
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Die Vergnügungssteuer, bisher nur auf Glücksspielautomaten berechnet, will die Stadtspitze kräftig ausweiten: Wer Kegelbahnen, Bowlingbahnen, Dart-Anlagen, Billardtische oder Solarien benutzt, der soll eine Extra-Steuer zahlen müssen. Auch wer ins Kino geht, wird künftig noch mit einer städtischen Zusatzsteuer bedacht. Auch die Benutzung von Solarien in Sonnenstudios sollen mit Steuern belegt werden. Foto: Imago
Die Volkshochschule (VHS) soll alle Entgelte für ihre Kurse ab Herbst um 10 Prozent, auf 2,20 Euro pro Lehrstunde anheben. Kurse für Kleingruppen werden überdurchschnittlich verteuert. Der Kreis der von verbilligten Kursgebühren profitierenden Menschen wird stark verkleinert. Mehrertrag: 125.000 Euro pro Jahr. Zudem soll die Volkshochschule weniger Kurse als bisher anbieten: Damit will man nochmals 70.000 Euro sparen. Foto: Oliver Müller
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Die Kosten für kulturell genutzte Gebäude, wie beispielsweise das Kunsthaus Rübezahlstraße, das Forum Kunst und Architektur in der Innenstadt, das Schaustellermuseum oder für die Studio Bühne Korumhöhe, sollen gesenkt werden: Um immerhin 900.000 Euro pro Jahr. Welche Gebäude von den Sparmaßnahmen wie betroffen sein werden, ist aber noch nicht bekannt. Foto: Kerstin Kokoska
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Die Zuschüsse und Zuweisungen an Langzeitarbeitslose, den sogenannten Hartz-IV-Empfängern, sollen in bisher noch unbekannter Höhe abgesenkt werden. Foto: Oliver Müller
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Die Stadt will die Zahl der jetzt noch 9150 in der Verwaltung beschäftigten Bediensteten (auf 8263 Vollzeitstellen) in den nächsten vier Jahren reduzieren – ohne Kündigungen. Durch natürlich Fluktuation (Rente, Krankheit, Jobwechsel) scheiden rechnerisch bis 2014 rund 500 Kräfte aus. Jede zweite Stelle soll nur noch mit einer neuen Kraft besetzt werden. Für die Bürger bedeutet das Leistungseinschnitte: Die Sparpaket-Vorlage nennt „Einschränkungen von Öffnungszeiten, die Kürzung von Angeboten sowie die Aufgabe von Einrichtungen und Standorten“. Foto: Imago
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Die konjunkturell stark schwankende Steuer ist die wichtigste Einnahme für die Stadt: In den vergangenen zehn Jahren nahm Essen darüber zwischen 155 Millionen Euro bis zu 425 Millionen Euro jährlich ein. Jetzt will die Stadt den Hebesatz von 470 Prozent auf 490 Prozent steigen. Davon erhofft man sich eine jährliche Mehreinnahme von bis zu 15 Millionen Euro. Nach Angaben der Kämmerei steigt damit die Belastung für ein Unternehmen in Essen von 16,45 auf 17,15 Prozent – und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2010. Allerdings würde damit in der Stadt nicht jedes Unternehmen getroffen: Von 41.300 Betrieben zahlen nur knapp 7000 überhaupt Gewerbesteuer. 50 von ihnen tragen dabei 56 Prozent des gesamten Steueraufkommens. Foto: Luftbild Hans Blossey
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Eltern, die zwei Kinder gleichzeitig im Kindergarten haben, sollen keine Gebührenbefreiung für ihr zweites Kind mehr erhalten. Sie sollen vielmehr 25 Prozent des Kitabeitrags für das Geschwisterkind zahlen. Das kann bis zu 100 Euro monatlich mehr ausmachen als bisher. Der erhoffte Gewinn: 400.000 Euro. Für alle gibt es künftig weniger Ganztags-Kindergartenplätze, die Kita-Gruppen werden vergrößert. Ersparnis: Nochmals 1,7 Millionen Euro. Foto: Arnold Rennemeyer
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Auf „sexuelle Vergnügungen“ jedweder Art soll eine Steuer eingeführt werden, wenn diese Dienstleistung eingekauft wird. Erhoffte Einnahme: 1,5 Millionen Euro. Foto: Remo Bodo Tietz
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Wer sich künftig in der Stadtbibliothek Bücher, DVD’s, Zeitschriften oder Musik leihen will, soll stärker zur Kasse gebeten werden als heute. Derzeit beträgt die Jahresgebühr für Erwachsene 20 Euro, ermäßigt 10 Euro. Für Kinder bis elf Jahren ist die Leihgebühr bisher noch null Euro, für Jugendliche beträgt sich derzeit noch acht Euro. Durch eine Anhebung dieser Sätze erhofft sich die Stadt eine Mehreinnahme von rund 500?000 Euro. Foto: Hans Hartwig
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Das Geld für die freie Jugendszene, die Jugendfreizeitheime, wird flächendeckend um rund 800?000 Euro im Jahr gekürzt. Die Uni Essen-Duisburg soll kein Geld zur Förderung von Migranten-Jugendlichen mit Schulproblemen erhalten (182.000 Euro). In den Schulen gibt es nur noch Schulmilch natur ohne leckeren Erdbeer- oder Vanille-Geschmack (50?000 Euro Ersparnis). Die Schulausstattungen sollen um 1,5 Millionen Euro gekappt werden. Die Suchthilfe erhält für ihre Beratungen 300.000 Euro weniger. Foto: Remo Bodo Tietz
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Die über 70 städtischen Beteiligungsunternehmen sollen durch Spareinschnitte und Erhöhung ihrer Einnahmen insgesamt schon in diesem Jahr 22 Millionen Euro erwirtschaften. Bis 2013 erhöht sich dieser Beitrag auf 39,4 Millionen. Vor allem die Kultursparten stöhnen über die Spareinschnitte. Die Stadt erhofft sich aber dabei auch deutlich höhere Gewinne der Stadtwerke. Foto: Fremdbild
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Wegfall von Spielplätzen durch neue Grünflächen kompensieren Vor dem Hintergrund der anstehenden Sparzwänge sind Simone Raskob und Bernd Schmidt-Knop um so froher über das, was der Stadt in den letzten Jahren an neuem Grün zugewachsen ist: Krupp-Park, Uni-Park, grüne Radwegeverbindungen auf mehreren Trassen, Emschersanierung. „Wenn wir das nicht gemacht hätten, dann sähen wir heute alt aus“, sagt Bernd Schmidt-Knop.
Schon jetzt, rechnet Simone Raskob vor, können 250 000 Menschen innerhalb von 500 Metern eine Grünfläche erreichen. Dieses Netz will Grün und Gruga in den nächsten Jahren weiter ausbauen und so auch den Wegfall von Spielplätzen kompensieren. In der Mitte dieses Netzes führen fast alle Wege in die Gruga. „Die Gruga wird immer wichtiger“, sagt Simone Raskob und will die Sparmaßnahmen dort deshalb besonders vorsichtig dosieren.
Im Winter will sich Grün und Gruga mit Bezirkspolitikern und Kinderbeauftragten auf eine Spielplatz-Streichliste einigen. Das Versprechen der Dezernentin: „Es gibt keinen Kahlschlag, sondern eine gezielte Ausdünnung.“