Im Rüttenscheider Straßenstreit machen die Anhänger einer Umbenennung jetzt sehr zugespitzt auf ihr Anliegen aufmerksam: Am Mittwoch hat die Initiative Irmgard und Ortrud begonnen, 250 Hitler-Plakate im Bezirk aufzuhängen. Keineswegs wolle man aber die Gegenseite in die rechte Ecke stellen.
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Im Straßen-Wahlkampf von Rüttenscheid gibt es eine neue Eskalationsstufe: Am Montag hat die Initiative ProVon angekündigt, mit einem Flugzeug für ihr Anliegen zu werben, die Straßennamen Von-Seeckt und Von-Einem beizubehalten. Am Mittwoch nun begann die Initiative Irmgard und Ortrud, 250 Hitler-Plakate im Bezirk aufzuhängen – aus rein aufklärerischen Gründen.
So will es jedenfalls Günter Hinken verstanden wissen, der tatsächlich nicht im Ruf eines Populisten steht. Als Anwohner und Historiker gehe es ihm vielmehr darum, die Frage zu beantworten, ob die beiden auf den Straßenschildern verewigten Generäle nur harmlose Monarchisten waren, wie es die Gegenseite glauben machen wolle. Die plakative Antwort auf diese Frage lautet: „Von Seeckt stand – im wahrsten Sinne des Wortes – Hitler persönlich sehr nahe. Er war Vordenker der neuen Angriffsarmee und ist dafür von den Nazis gefeiert worden.“
Foto zeigt von Seeckt und Hitler
Als Belege dafür dienen ein Bild und ein Zitat, die beide der Hans von Seeckt-Biographie von Friedrich von Rabenau entnommen sind: Das Foto zeigt von Seeckt und Hitler 1936 beim Herbstmanöver bei Illnhausen. Das Zitat stammt von 1923, damals äußerte von Seeckt nach einer Begegnung mit Hitler: „Im Ziele waren wir uns einig, nur der Weg war verschieden.“
Auf dem Plakat ist freilich nur der erste Teil des Satzes zu lesen, doch Hinken weist den Vorwurf der Verzerrung zurück. „Ein Plakat muss pointiert sein. Es geht uns hier nicht um Polemik; wir wollen Aufmerksamkeit auf das Thema lenken und laden die Bürger ein, die zugespitzte Darstellung zu überprüfen.“ Gelegenheit dazu gebe es bei einer Info-Veranstaltung am Dienstag im Maria-Wächtler-Gymnasium.
„Die ganze Geschichte erzählen“
Dort werde mehr zu hören sein über die gemeinsamen Ziele von Hitler und von Seeckt. Der Bürgerentscheid werde von allen mit viel Aufwand betrieben, sagt Hinken. „Da wollen wir auch die ganze Geschichte erzählen.“ So hat sich der Historiker Thorsten Noack, der an der Von-Seeckt-Straße lebt, mit dem Schicksal der jüdischen Anwohner der Straßen befasst. „Wir finden, es zeugt von wenig Sensibilität gegenüber den Opfern der NS-Zeit, wenn die Straßen weiter nach Menschen heißen, die den Weg der Mörder an die Macht bereitet haben.“
Wichtig ist Noack wie Hinken, dass es keineswegs darum gehe, die Gegenseite in die rechte Ecke zu stellen. Darum habe man die ProVon-Initiative vorab über das Plakat informiert. Man habe selbst lange über das Motiv diskutiert, sich aber durch das Beispiel Münster ermutigt gefühlt: Dort hatte ein Bürgerentscheid die Umbenennung des Hindenburgplatzes bestätigt – zuvor hingen in der Stadt Plakate, die Hindenburg und Hitler zeigten.
Trotz der plakativen Provokation glaubt Hinken: „Wenn die Straßen erst wieder ihre ursprünglichen Mädchennamen tragen, werden bald alle damit zufrieden sein.“