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Wie in einem Essener Viertel Vorbehalte gegen Flüchtlinge wichen

Wie in Essen-Kupferdreh Vorbehalte gegen Flüchtlinge wichen

Anfangs gab es in Essen-Kupferdreh erhebliche Vorbehalte gegen die Umwandlung der Alten Dilldorfschule in eine Behelfsunterkunft für Flüchtlinge. Doch neun Monate später haben sich die Bedenken in Luft aufgelöst. Die Bürgerschaft kümmert sich sehr. 15 Ehrenamtliche packen in der Unterkunft mit an.

Essen. 

Die Ostwalds im Oslenderweg machen aus ihrem anfänglichen Unwohlsein kein Hehl. Die Vorstellung, dass aus der leerstehenden Alten Dilldorfschule direkt gegenüber eine Behelfsunterkunft für Asylbewerber werden würde, sei ihnen ziemlich auf den Magen geschlagen. „Was man sich eben so vorstellte“, sagen sie, „dass die Lappen draußen rumhängen und dicke Satellitenschüsseln aufgepflanzt werden.“

Doch bald neun Monate später haben sich jegliche Bedenken in Luft aufgelöst. Über ihre neuen Nachbarn, Flüchtlinge aus Syrien und Somalia, Guinea und Eritrea, verlieren sie nicht ein schlechtes Wort. Im Gegenteil: „Wir können uns nicht beklagen, die Leute sind freundlich und nett, Probleme gibt’s hier nicht.“

Der 20. Juni ist der „Welttag der Flüchtlinge und Migranten“. Nicht zufällig feiern sie ausgerechnet an diesem Freitag in der Dilldorfschule das große Sommerfest. Ein Ereignis, bei dem die Flüchtlinge nicht unter sich sein wollen. Deshalb gehen Sozialarbeiterin Azemina Mehmedovic und das Flüchtlingsmädchen Erdina (14) in der Oslenderstraße von Haus zu Haus. Klingeln und laden die Nachbarn mit ihren Kindern freundlich ein: zu Döner und Musik, zu Kaffee und Erdbeerkuchen, zu Hüpfburg und einem Tänzchen.

Flüchtlingsstrom schwillt weiter an

Gute Nachbarschaft zwischen Einheimischen und Fremden ist in diesen Zeiten, da der Flüchtlingsstrom auch in Essen weiter kräftig anschwillt, wahrlich keine Selbstverständlichkeit. So haben notorische Hetzer wie etwa die Provokateure von Pro NRW auch in Dilldorf versucht, die Menschen aufzuwiegeln und ihre vage Angst in blinden Hass zu verwandeln. Doch die Dilldorfer haben sich – demonstrativ – als immun erwiesen.

D

as Rentner-Ehepaar Lore und Otto Grimm schaut beinahe täglich in der alten Schule vorbei. Die frühere Hauswirtschaftsmeisterin und der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerschaft Kuperdreh sind die tragenden Kräfte des enormen ehrenamtlichen Engagements im Stadtteil für die Neuankömmlinge. „Ich habe viele Jahre im Ausland gearbeitet, auch in Afrika, und so viel Elend gesehen“, sagt Lore Grimm. Zu den Bewohnern habe sie längst ein herzliches Verhältnis entwickelt. Und diese lassen sie gerne ihre Wärme spüren. „Sie nehmen mich in den Arm und sagen: Schön dass du da bist.“

15 ehrenamtliche Helfer packen in der Dilldorfschule tatkräftig mit an: ehemalige Lehrer, Kindergärtnerinnen und Sozialarbeiter. Sie geben den Kindern Nachhilfe und bringen den Erwachsenen Deutsch bei. Die Tschetschenin Marka Masaeva lebt mit ihrem Mann und den sechs Kindern von Beginn an in der Behelfsunterkunft. In ihrer Heimat wurden ihr Mann und ein Sohn verschleppt und gefoltert. In Dilldorf fühlen sie sich geborgen. Dass die Unterkunft ein Klassenzimmer ist, stört sie deshalb gar nicht: „Alles ist so ordentlich, die Deutschen sind freundliche Menschen, das Team ist nett.“