Mülheim.
Krebs. „Wenn man die Diagnose bekommt“, musste die Mülheimerin Heike Krüger selber erfahren, „hat alles andere im Kopf keinen Platz mehr.“ Schwer für die Kinder.
Ihr Sohn war 13, als sie vor zwei Jahren an einem Brustkarzinom erkrankte. „Wir haben schon Gespräche mit ihm geführt, aber er schien das nicht zu wollen, hat sich zurückgezogen.“ Wenn sie in der teilweise extrem strapaziösen Therapiezeit Veränderungen bemerkte, dann sogar positive: „Es war zugänglicher, hilfsbereiter, wollte mich entlasten.“
„Ich bin Schuld, dass Mama krank ist“
Aus anderen Gründen besuchte der Junge schon länger die heilpädagogische Praxis von Claudia Kuhn, die nach einigen Monaten nachhörte, wie es ihm mit der Krankheit seiner Mutter gehe: „Als das Gespräch darauf kam, ist er regelrecht zusammen gesunken, und hat gesagt: ,Ich bin Schuld, dass Mama krank ist.“ Weil er ihr vor Zeiten einmal im Urlaub versehentlich einen Ball gegen die Brust geworfen und sie geklagt hatte: Aua, das hat weh getan!
Das Gespräch mit der Heilpädagogin, dem noch zweites folgte, habe ihrem Sohn sehr geholfen, meint Heike Krüger, 44, von Beruf Informatikerin. Inzwischen hätten sie alle die Krise überwunden. Eine gute Erfahrung, bei allem Unglück, die sie nun teilen möchte.
Austausch unter Schicksalsgenossen soll helfen
Hierzu hat sich der gemeinnützige Verein Kinder-Oase Mülheim e.V. gegründet, der jüngst eingetragen und anerkannt wurde. Unterstützt wird er u.a. auch von Claudia Kuhn, die ihre Praxisräume an der Friedrich-Ebert-Straße für Treffen zur Verfügung stellt und – zu reduziertem Kostensatz – möglichst bald eine Gruppe für Kinder und Jugendliche einrichten möchte, deren Eltern oder Geschwister „nachhaltig schwer erkrankt sind“, das muss nicht Krebs sein. „Häufig leiden die Kinder oder Jugendlichen im Stillen“, weiß die Therapeutin, „um die Familie nicht auch noch mit den eigenen Ängsten zu belasten.“ Die neue Gruppe junger Schicksalsgenossen soll wöchentlich zusammenkommen, ihnen Aufmerksamkeit widmen, altersgemäße Gespräche und Rollenspiele, aber auch eine unbelastete, entspannte Auszeit vom Alltag.
Anderswo gibt es schon länger ähnliche Initiativen, etwa den Flüsterpost e.V. mit Sitz in Mainz. Dass auch hier in der Stadt etliche betroffene Familien leben, da sind sich die Gründerinnen des Vereins Kinder-Oase sicher, erste Nachfragen etwa in der Mülheimer Frauenklinik, haben sie darin bestärkt.
Kinder werden oft spät oder falsch informiert
Wissenschaftlich erforscht ist die Situation von Kindern krebskranker Eltern bisher nur wenig. Aber die ersten Ergebnisse, dokumentiert etwa durch die Deutsche Krebshilfe, geben Anlass zu ernster Sorge. So werden die Kinder oft spät oder falsch informiert, entwickeln häufig Ängste, Konzentrations- oder Zwangsstörungen, depressive Symptome. Um ihnen schon frühzeitig zu helfen, bevor es zu Auffälligkeiten kommt, ist der Verein angetreten. Finanzieren soll sich die Kinder-Oase ausschließlich über Spenden.
Wegweiser für betroffene Familien:
Der Verein Kinder-Oase Mülheim e.V. ist telefonisch erreichbar von Montag bis Donnerstag zwischen 15 und 18 Uhr unter Tel. 0157-36744226. An der eigenen Homepage wird gerade noch gearbeitet.
Betroffene Familien finden auch jetzt schon hilfreiche Infos, Kontakte und Lese-Tipps im Internet, beispielsweise unter www.kinder-krebskranker-eltern.de oder www.verbund-kinder-krebskranker-eltern.de.