Mit den Millionen-Verlusten der Mülheimer Zinswettgeschäfte befasst sich die Staatsanwaltschaft Duisburg seit Juli 2011. Aktuell wird gegen Ex-Kämmerer Bultmann wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Mülheims Politik unternimmt indes wenig bis gar nichts, um Licht ins Dunkel zu bringen.
Mülheim.
Die Staatsanwaltschaft Duisburg nimmt das Millionengrab der Mülheimer Zinswettgeschäfte unter die Lupe. Die Behörde ermittelt, wie sie jetzt der WAZ bestätigte, bereits seit Juli des vergangenen Jahres gegen Ex-Kämmerer Gerd Bultmann wegen des Verdachts der Untreue.
Die Berichterstattung der WAZ sei Anlass für die Ermittlungen gewesen, so Oberstaatsanwalt Rolf Haferkamp. Details zum Stand des Verfahrens und zu bisherigen Aktivitäten seiner Behörde gab er mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht preis. Bettina Döbbe als Leiterin des städtischen Rechtsamtes bestätigte lediglich, dass es Schriftverkehr mit der Staatsanwaltschaft gegeben hat. Ob und wie umfangreich Akten angefordert wurden, blieb unklar.
Zusätzliche Informationen
Mülheims Politik unternimmt derweil wenige bis gar keine Anstrengungen, um Licht ins Dunkel zu bringen. Das Interesse an Aufklärung ist wohl auch deshalb minder ausgeprägt, weil außer den MBI und den Linken alle Ratsfraktionen im Herbst 2003 im Finanzausschuss grünes Licht für derlei Derivatgeschäfte gegeben haben. MBI und Linke waren damals nicht im Beschlussgremium vertreten.
Auch wenn es in jüngerer Zeit zarte Ansätze vor allem von den MBI und den Grünen gab, zusätzliche Informationen einzufordern, steht im Ergebnis weiter ein äußerst verwaschenes wie unvollständiges Gesamtbild. So hat bis heute keine Fraktion eine Zwischenbilanz für die möglicherweise noch bis 2026 laufenden Geschäfte eingefordert. Die Fraktionen lassen sich regelmäßig mit Berichten der Kämmerei abspeisen, die an mehreren Stellen zu Nachfragen anspornen könnten. So werden etwa positiv gelaufene Geschäfte aus dem Schuldenmanagement gegengerechnet, die ihren Ursprung nicht im Bultmann-Erbe haben. Auch sind dereinst Wettrisiken womöglich dadurch getilgt worden, dass die Stadt sich auf „synthetische Festzinskredite“ eingelassen hat, vermutlich zu Zinssätzen über Marktniveau. Das wären weitere Verluste, die auszuweisen wären.
Frage nach Haftungsansprüchen
Bislang hat Kämmerer Uwe Bonan, der das Wettfiasko von seinem Vorgänger Bultmann übernommen hat, nur einmal – und das vor weit mehr als drei Jahren – eine Zahl präsentiert, die ein Ausmaß der Verluste klar ausweist: Von 2005 bis 2008 habe die Stadt einen Verlust von 6,083 Mio Euro durch die Derivatgeschäfte mit der West LB eingefahren. Eine Aktualisierung täte not. Bonan widerspricht der WAZ in diesem Punkt energisch: Alle Zahlen lägen auf dem Tisch.
Wie teuer der von Bonan mit der West LB ausgehandelte Ausstieg die Stadt kommt, bleibt unklar. Die Politik gibt sich bis dato mit der vagen Prognose zufrieden, dass die Stadt im Ausstiegsszenario weniger Verluste machen wird als wenn sie die zu Bonans Amtsantritt im Frühjahr 2006 bestehenden Altgeschäfte hätte weiterlaufen lassen. Mit 16 Mio Euro Verlust.
Der Finanzausschuss kommt am Montag, 30. April, zu einer Sitzung zusammen. Ab 16 Uhr wird die Verwaltung im Sitzungsraum B.115 des Rathauses Ergebnisse von zwei externen Gutachten präsentieren. Sie sollen bezüglich der Zinswetten die Frage nach Haftungsansprüchen der Stadt gegenüber der West LB und eigenen Führungskräften beantworten.