Eine gemeinsame europäische Staatsanleihe als Lösung für die Schuldenkrise? Vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy lehnen beide Eurobonds ab. Sie seien „jetzt kein Thema“, heißt es.
Brüssel.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy sollen die Eurozone aus der Krise führen, doch die Lösungsansätze in Berlin und Paris sind bekanntermaßen nicht immer identisch. Den viel diskutierten Eurobonds erteilten beide Seiten im Vorfeld ihres Treffens am Dienstag schon einmal eine Absage – wohl auch, um Spekulationen und einem allzu hohen Erwartungsdruck bezüglich der Ergebnisse des Gesprächs entgegenzuwirken.
Für Sarkozy ist das Treffen ungleich wichtiger als für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er muss Ergebnisse präsentieren angesichts eines Nullwachstums der französischen Wirtschaft, einer drohenden Aberkennung der Top-Bonität durch die Ratingagenturen und der jüngsten Achterbahnfahrt französischer Bankaktien.
Bleibt Merkel die „Madame Non“?
Dem französischen Präsidenten dürfte daher sehr daran gelegen sein, eine gemeinsame Linie mit Berlin zu finden, will er das Treffen als Erfolg feiern. Merkel hingegen könnte ihrem Spitznamen, „Madame Non“, einmal mehr gerecht werden – zumal sie ein etwaiges Einlenken gegen Kritik auch aus den eigenen Reihen vertreten muss.
Einig sind sich Berlin und Paris offenbar beim Thema Eurobonds. Nein sagen beide Seiten zu der Einführung einer europäischen Staatsanleihe. Länder mit schlechterer Bonität als Deutschland und Frankreich wären bei Einführung einer europäischen Staatsanleihe die Profiteure, müssten sie doch weniger Zins bezahlen, um sich frisches Geld am Markt zu holen. Deutschland müsste indes schlechtere Konditionen in Kauf nehmen, um an Geld zu kommen.
Nach außen eine eindeutige Haltung
Die „Welt am Sonntag“ berichtete zwar, Schritte hin zu einerTransferunion würden in der Bundesregierung nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. Nach außen hin ist die deutsche Haltung aber nach wie vor eindeutig: „Es bleibt dabei: Es gibt keine Vergemeinschaftung von Schulden und keinen unbegrenzten Beistand“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dem „Spiegel“ zum Thema Eurobonds. Diese seien ausgeschlossen, „solange die Mitgliedstaaten eine eigene Finanzpolitik betreiben“.
Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Montag in Berlin, Eurobonds seien für die Bundesregierung „jetzt kein Thema“ und würden auch bei dem Treffen am Dienstag keines sein. Zentraler Ansatz für die Bundesregierung blieben eine „konsequente Konsolidierung und Reformmaßnahmen“ der Euro-Länder.
Eurobonds nicht auf der Tagesordnung
Die Betonung auf „jetzt kein Thema“ hört man auch aus Paris: Das Thema Eurobonds stehe nicht auf der Tagesordnung beim Treffen am Dienstag, hieß es vom Élysée-Palast. Französischen Medien zufolge erteilen Regierungsvertreter den Eurobonds zwar kurzfristig eine Absage, einige halten deren Einführung aber langfristig für nicht ausgeschlossen. Die sozialistische Präsidentschaftsbewerberin Martine Aubry sprach sich bereits im Juli für die Einführung von Eurobonds aus und rief zur Gründung einer „Stabilitätsbehörde“ zur Überwachung der Umschuldung von Euro-Staaten auf. EU-Währungskommissar Olli Rehn stieß erst vor wenigen Tagen bei einem Besuch in Brüssel während der Sommerpause die Debatte um Eurobonds erneut an.
Die Debatte wird hitziger, die Zeit knapper: Die Euroländer müssen Herman Van Rompuy Vorschläge zur besseren finanz- und wirtschaftlichpolitischen Steuerung unterbreiten, die der EU-Ratspräsident dann zusammen mit Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ausarbeiten und im Oktober vorlegen will. So wurde es beim Euro-Gipfel am 21. Juli beschlossen.
Daher sei das Treffen zwischen Merkel und Sarkozy nicht als Reaktion auf die jüngsten Finanzmarktturbulenzen zu sehen, sondern schon lange geplant, hieß es aus Berlin. Selbst wenn am Dienstag also keine kurzfristigen Maßnahmen zur Beruhigung der Märkte beschlossen werden sollten, sondern einzig über eine gemeinsame, langfristige Position hinsichtlich eines besseren Krisenmanagements in der Eurozone beraten würde – in der Debatte um Eurobonds ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen. (dapd)