Seit Monaten arbeiten die EU-Staaten an umfassenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen, um Krisen besser zu trotzen. Das Treffen von Merkel und Sarkozy ist weiterer Schritt. Fragen und Antworten zum Kampf gegen die Euro-Krise.
Brüssel.
Europa rückt angesichts der Schuldenkrisen in Staaten wie Griechenland enger zusammen, als es viele bis vor kurzem für möglich oder wünschenswert hielten. Das zeigen die jüngsten wirtschaftspolitischen Anstöße der zwei mächtigsten EU-Staaten Deutschland und Frankreich. Sie sind ein weiterer Schritt bei den Bemühungen Europas, politisch geeinter auf Turbulenzen zu reagieren und wirtschaftlich weltweit stärker mitzumischen. DerWesten beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die Beschlüsse.
Was brachte die Staaten dazu, eine engere wirtschaftspolitische Steuerung in Europa anzustreben?
Diese Bemühungen sind noch relativ neu. Denn bis zur Beinahe-Pleite Griechenlands im Frühjahr 2010 ging es dem europäischen Währungsraum relativ gut. Zwar erschütterten die Folgen der Weltfinanzkrise ab 2008 auch Banken in Europa. Aber die Fundamente der Eurozone schienen stabil. Diese Stabilität erwies sich als trügerisch, als das hoch verschuldete Griechenland an den Rand des Abgrunds geriet und mit milliardenschweren europäischen Notkrediten vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt werden musste. Denn die 17 EU-Staaten, die den Euro eingeführt haben, hatten sich nicht gegen stürmische Zeiten abgesichert. Das holen sie seit einigen Monaten, aufgeschreckt von Griechenlands Notlage,nach.
Was ist geplant, um Europa besser gegen Turbulenzen zu wappnen?
Zunächst schufen Deutschland & Co. den Euro-Rettungsfonds, der klammen Staaten Notkredite gewähren kann. Derzeit sind Portugal und Irland auf diese Hilfe angewiesen. Die EU und die Staaten möchten zudem verhindern, dass weitere Länder in Schwierigkeiten geraten. Das geht nur, wenn ein Staat Schulden auf ein erträgliches Maß senkt und auf Dauer nicht deutlich mehr ausgibt, als er einnimmt. Also wird der europäische Stabilitäts- und Wachstumspaket verschärft.
Der Hintergrund: Deutschland und Frankreich hatten den bisherigen europäischen Pakt zur Schulden- und Defizit-Begrenzung vor einigen Jahren aufgeweicht. 2003 drohte ihnen ein Defizitverfahren wegen übermäßiger Neuverschuldung. Den beiden mächtigsten EU-Staaten gelang es 2004 aber, ein Verfahren und damit Strafen abzuwenden. Künftig soll der Druck auf europäische Schuldenstaaten größer werden. Der verschärfte Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht die halbautomatische Einleitung von Strafverfahren vor, falls ein Staat EU-Warnungen in den Wind schlägt.
Regt sich dagegen Widerstand?
Ja. Das EU-Parlament und die Staaten streiten sich seit Wochen darüber, wie so ein Verfahren eingeleitet werden soll. Der Streit dreht sich letztlich um die Frage, wie viel Macht die Länder hierbei haben sollen. Müssen sie so ein Verfahren, nach dem empfindliche Geldstrafen drohen, mehrheitlich einleiten? Oder sollen sie es mehrheitlich verhindern können? Die EU-Parlamentarier haben ihre Entscheidung auf September vertagt.
Ist noch mehr vorgesehen?
Ja. Deutschland und die restlichen 16 Euro-Staaten schlossen zudem einen „Euro-Plus-Pakt“. Damit vereinbarten sie engere Absprachen in Bereichen, in denen die Länder das Sagen haben – bei der Lohn-, Arbeitsmarkt- oder der Steuerpolitik. So wollen die Staaten ihre Wirtschaft besser für den weltweiten Wettbewerb rüsten.
Die Rolle der EU-Kommission ist ebenfalls gestärkt worden. Seit diesem Jahr überwacht sie die jährliche Budget-Planung der europäischen Staaten. Sie gibt ihnen – aber nicht bindende – Haushalts-Tipps. Zuvor konnte die EU-Kommission lediglich nachträglich Stellung nehmen. Die nationalen Parlamente – in Deutschland also der Bundestag – haben beim Staatshaushalt weiter das letzte Wort. (we)