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Thyssen-Krupp-Betriebsrat sieht Einstieg von NRW als Option

Thyssen-Krupp-Betriebsrat sieht Einstieg von NRW als Option

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Foto: WAZ
  • Angesichts von Fusionsplänen bringt der Thyssen-Krupp-Betriebsrat den Einstieg des Landes ins Gespräch
  • Bei Thyssen-Krupp Steel gehe es um rund 27.000 Arbeitsplätze
  • Konzernbetriebsrat will verhindern, dass Thyssen-Krupp „aus dem Stahl aussteigt“

Essen. 

Wohin steuert Thyssen-Krupp? Vorstandschef Heinrich Hiesinger strebt für die Stahlsparte eine Fusion an. Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath will verhindern, dass Thyssen-Krupp „aus dem Stahl aussteigt“. Im Interview mit Ulf Meinke bringt er auch einen Einstieg des Landes NRW ins Gespräch. Grundsätzlich sei eine Landesbeteiligung wie beim Konkurrenten Salzgitter „eine gute Sache“.

Herr Segerath, in der Stahlsparte von Thyssen-Krupp geht die Angst vor Werksschließungen um. Können Sie Ihre Kollegen beruhigen?

Segerath: Aus unserer Sicht ist klar: Es gibt überhaupt keine Notwendigkeit, Standorte zu schließen. Die Werke könnten mit Investitionen nach vorn gebracht werden. Es kommt doch darauf an, mehr Stahl von Thyssen-Krupp zu verkaufen.

Das ist die Aufgabe des Managements. Wir müssen unsere Liefer-Performance verbessern und näher an die Kunden. Dann sind die Werke auch wieder besser ausgelastet.

Seit Wochen laufen Gespräche von Thyssen-Krupp mit dem indischen Konkurrenten Tata, um eine Zusammenarbeit auszuloten. Was halten Sie davon?

Segerath: Ein Zusammenschluss mit Tata würde die wesentlichen Probleme nicht lösen. Ich denke an die Überkapazitäten aus China, aber auch die Umwelt- und Klimagesetzgebung aus Brüssel und Berlin. An dieser Stelle müssen wir ansetzen.

Zu Tata gehören auch in die Jahre gekommene Werke in Großbritannien. Passen die Anlagen zu Thyssen-Krupp?

Segerath: Wir haben bei Thyssen-Krupp Werke, die zu den besten zehn Prozent in Europa gehören. Die Anlagen von Tata kenne ich nicht im Detail. Aber ich kann mir grundsätzlich nicht vorstellen, welches Interesse unser Vorstand an den Kapazitäten von Tata in Großbritannien haben sollte. Es wird ja auch vermutet, eine Schließung des Tata-Werks in Port Talbot könnte Teil eines Deals sein. Aber warum sollte die britische Regierung nach der Brexit-Entscheidung tatenlos beim Abbau von Industriearbeitsplätzen zusehen?

Fordern Sie von Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger einen Abbruch der Verhandlungen mit Tata?

Segerath: Der Vorstand sollte prüfen, ob Verhandlungen mit Tata überhaupt Sinn ergeben. Ich hoffe, dass Herr Hiesinger nicht die Absicht hat, aus dem Stahl auszusteigen.

Welche Argumente haben Sie?

Segerath: Ich mache mir Sorgen um das Gesamte. Wir stehen zu der Verbund-Strategie, die Herr Hiesinger gemeinsam mit dem Aufsichtsrat und der Arbeitnehmerseite entwickelt hat. Die industriellen Wertschöpfungsketten sind das, was Thyssen-Krupp ausmacht. Dazu gehört der Stahl. Wenn Herr Hiesinger es ernst meint mit dem diversifizierten Industriekonzern, muss er die Chancen nutzen und die Zusammenarbeit vertiefen. Es wäre ein Fehler, die Verbund-Strategie aufzugeben. Wir bauen Aufzüge, U-Boote, Großanlagen und sind ein wichtiger Partner der Autoindustrie. Dafür wird Stahl gebraucht. Ich kann dem Vorstand nur raten, unsere Argumente ernst zu nehmen.

Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger sagt, er strebe eine Zusammenarbeit mit anderen Stahlherstellern „aus einer Position der Stärke“ an. Ist das aus Ihrer Sicht ein guter Plan?

Segerath: Ich befürchte, dass wir als Konzern in eine Position der Schwäche geraten, wenn wir die Vorteile eines diversifizierten Industriekonzerns mit dem Werkstoff Stahl als Basis aufgeben. Stahl ist Hightech. Die deutsche Autoindustrie braucht modernen Stahl für den Leichtbau – und sie braucht einen Ansprechpartner in Deutschland.

Das müsste eigentlich die Politik und auch den BDI interessieren. Generell kann ich mich nur wundern, wenn jetzt manche Manager glauben, ein Ausstieg aus dem Stahl sei der richtige Weg. Haben die eigentlich aus der Finanzmarktkrise nichts gelernt?

Aber an der Börse leidet Thyssen-Krupp darunter, wenn die Stahlbranche in der Krise steckt. Dann wird das Unternehmen nicht als Technologie- und Industriekonzern wahrgenommen.

Segerath: Ich verstehe nicht, dass Analysten Thyssen-Krupp als Stahlkonzern bewerten. Wir sind ein breit aufgestellter Industriekonzern mit einem Umsatzanteil beim Stahl in Höhe von knapp 30 Prozent. Das ist ausgewogen und hilft, Schwankungen bei Nachfrage und Produktion auszugleichen.

Immer wieder wird spekuliert, Thyssen-Krupp könnte mit dem niedersächsischen Stahlkonzern Salzgitter zusammenarbeiten. Auch von entsprechenden Bestrebungen der Politik ist die Rede. Ist Ihnen bekannt, dass es an dieser Stelle Bewegung gibt?

Segerath: Da bin ich der falsche Ansprechpartner. Was ich sagen kann: Ich finde es erst einmal gut, wenn sich die Politik Gedanken macht. Es liegt ja auf der Hand, dass nachgedacht wird, denn an Salzgitter ist bekanntlich auch das Land Niedersachsen beteiligt. Grundsätzlich ist eine Landesbeteiligung wie bei Salzgitter eine gute Sache.

Können Sie sich auch bei Thyssen-Krupp Steel einen Einstieg des Landes NRW vorstellen?

Segerath: Vorstellen kann ich mir vieles. Wir würden natürlich auch auf die NRW-Landespolitik zugehen, wenn bei uns die Hütte brennt. Es geht bei Thyssenkrupp Steel um rund 27 000 Arbeitsplätze, davon 25 000 in Deutschland und 20 000 in NRW. Und es geht um den Erhalt unserer industriellen Kerne in Deutschland.