Der Streit in der Landtagsfraktion um die Vorratsdatenspeicherung war offenbar schärfer als bisher bekannt. Sie soll Abweichlern gedroht haben.
Düsseldorf.
In der Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung ist es innerhalb der NRW-SPD offenbar zu größeren Auseinandersetzungen gekommen als bislang bekannt. Ministerpräsidentin und Landeschefin Hannelore Kraft soll sich am Rande des Parteikonvents in Berlin einzelne Landtagsabgeordnete vorgeknöpft haben, die gegen den Antrag der SPD-Spitze gestimmt hatten.
Vor Zeugen soll sie dem jungen Medienpolitiker Alexander Vogt aus Herne lautstark gedroht haben, so lange sie etwas in NRW zu sagen habe, könne er nichts mehr werden. Vogt erklärte gegenüber dieser Redaktion: „Wir haben uns sowohl vor als auch nach dem Konvent über unsere unterschiedlichen Standpunkte offen ausgetauscht.“ Ob Kraft mit Nicht-Berücksichtigung bei künftigen Personalentscheidungen gedroht habe? „Nein“, erklärte Vogt.
Kraft hält sich bedeckt
Gegenüber der Ratinger Abgeordneten Elisabeth Müller-Witt soll Kraft geäußert haben, sie beschäftige sich im Sommer mit einigen Personalien, „und du stehst nicht auf der Liste“. Müller-Witt ließ den Vorfall auf Anfrage undementiert, erklärte nur: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich die Nicht-Öffentlichkeit ernst nehme und deshalb nicht aus der Veranstaltung berichte.“
Der Detmolder Dennis Maelzer, ebenfalls Gegner der Vorratsdatenspeicherung, hat offenbar nach einem „Einzelgespräch“ mit Kraft im Vorfeld des Parteikonvents seine Meinung geändert und für den Antrag des SPD-Vorstands gestimmt.
Kraft erklärte auf Anfrage zu den Vorwürfen, sie halte es bei nicht öffentlichen Parteiveranstaltungen wie im Sport: „Was in der Kabine besprochen wird, bleibt in der Kabine.“
Verärgerung in der Fraktion
Innerhalb der Landtagsfraktion sind die angeblichen Drohungen der Landeschefin seit Tagen Gesprächsthema. Man könne nicht öffentlich von der guten „Diskussionskultur“ in der SPD schwärmen und die Konvent-Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung freigeben, intern hingegen zur „politischen Einzelbeatmung“ der Kritiker schreiten, heißt es verbittert. Zumal Krafts Justizminister Thomas Kutschaty selbst monatelang Stimmung gegen die Datensammlung gemacht habe.
Verärgerung herrscht in Teilen der Fraktion auch darüber, dass in der Fraktionssitzung nach dem Parteikonvent keine weitere Debatte gewünscht war. Der Parlamentarische Geschäftsführer Marc Herter habe dafür gesorgt, dass das Thema beim Tagesordnungspunkt „Aktuelles“ nicht erneut aufgerufen wurde, wird berichtet. „So kann man es nicht machen“, stöhnen Abgeordnete.
Für den Antrag der Parteispitze stimmten 124 Delegierte, bei 88 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen. Da die NRW-Landesgruppe fast ein Viertel der Delegierten stellte, fiel ihr eine Schlüsselrolle zu.