Athen/Meschede.
Die Bundeskanzlerin hat bei ihrem Besuch im Hochsauerland die hoch verschuldeten süd-europäischen Staaten ungewohnt heftig kritisiert. Merkel mahnte unter anderem ein einheitliches Rentenalter in der EU an.
Da ist es wieder, das holzschnittartige Griechenlandbild: rüstige Mittfünfziger, die im Café vor sich hin dösen oder die Tage mit Kartenspiel vertrödeln – eine Nation von Frührentnern, die es sich auf Kosten der Nordeuropäer gut gehen lässt. Und wer noch keine Pension bezieht, macht Ferien.
So musste es den Gästen vorkommen, die zur CDU nach Meschede gekommen waren, um Bundeskanzlerin Merkel zuzuhören. Doch was an Merkels Vorwürfen trifft zu? Ein Faktencheck:
Das mittlere Renteneintrittsalter lag in Griechenland bisher bei 61,4 Jahren und entsprach damit genau dem EU-Durchschnitt. In Deutschland arbeiten die Menschen im Schnitt, bis sie 61,7 Jahre alt sind, also nur wenig länger, in Frankreich mit einem mittleren Renteneintrittsalter von 59,3 sogar deutlich weniger. Mit der 2010 beschlossenen Rentenreform wird das durchschnittliche Renteneintrittsalter in Griechenland um zwei Jahre angehoben. Damit hätten die Griechen dann in Europa die zweitlängste Lebensarbeitszeit nach den Schweden. Überdies: Die große Mehrzahl der griechischen Rentner bekommt weniger als 500 Euro im Monat.
Und der Urlaub? Auch hier haben Merkels Vorwürfe wenig mit der Wirklichkeit zu tun. In Deutschland garantiert das Gesetz Beschäftigten, die fünf Tage pro Woche arbeiten, mindestens 20 Werktage Urlaub pro Jahr. In den meisten Tarif- oder Arbeitsverträgen ist aber mehr Urlaub vorgesehen, für ältere Arbeitnehmer häufig 30 Arbeitstage und mehr.
Nur Kopfschütteln
In Griechenland gilt dagegen: Der Urlaub dauert maximal einen Monat, einschließlich Samstagen, Sonn- und Feiertagen. Auch die Möglichkeit, Überstunden durch freie Tage abzufeiern, ist im griechischen Arbeitsrecht nicht vorgesehen.
Viele Griechen schüttelten deshalb nur den Kopf, als sie jetzt von den Vorwürfen der Kanzlerin erfuhren.