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Neue Verordnung – Stadtwerke fürchten um ihre Existenz

Neue Verordnung – Stadtwerke fürchten um ihre Existenz

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Foto: WAZ FotoPool
  • Neue Pläne der Bundesregierung zum Stromnetz-Ausbau verärgern die kommunalen Versorger
  • Chef der Dortmunder Stadtwerke sieht durch die geplante Verordnung die Existenz ganzer Betriebe bedroht
  • Das Tempo der Energiewende drohe empfindlich ausgebremst zu werden

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Die Energiewende bereitet nicht nur den großen Stromkonzernen Kopfzerbrechen. Auch viele Stadtwerke befinden sich wegen der Umwälzungen auf dem Strommarkt in schwerer See. Jetzt sorgt ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung für zusätzlichen Verdruss bei den kommunalen Versorgern. Der Sturm der Entrüstung fällt ungewohnt heftig aus.

Stromnetze zu Verteil-Ebenen für grünen Strom umbauen

Das Projekt aus dem Hause von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) klingt nach Bürokratie-Monster: „Novelle der Anreizregulierungsverordnung“, kurz ARegV-Novelle. Mit dieser „Neuregelung“ einer bereits bestehenden Verordnung will der Gesetzgeber Leitlinien für den Umbau regionaler Stromnetze zu Verteilebenen der grünen Energie setzen.

Doch das komplexe Papier, das derzeit die Ressortabstimmung im Bundeskabinett durchläuft, empfinden viele Stadtwerke eher als einen energiepolitischen Dolchstoß. „Die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums sind ein weiterer Schlag ins Kontor der kommunalen Unternehmen und gehen letztlich zu Lasten der Versorgungssicherheit der Bürger“, schimpft Dietmar Spohn, Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Bochum.

Der Chef der Dortmunder Stadtwerke, Guntram Pehlke, sieht durch die geplante Verordnung sogar die Existenz ganzer Betriebe bedroht. „Mindestens die Hälfte“ aller Stadtwerke in Deutschland werde es wirtschaftlich nicht überleben, wenn das Vorhaben wie geplant komme, sagte Pehlke dieser Zeitung. Auch in den Reihen des in Sachen Alarmismus eher unverdächtigen Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) ist man aufgeschreckt. Auf den VKU-Fluren in Berlin spricht man mittlerweile von „regulatorischen Taschenspielertricks“ und einer durch die geplante Gesetzesnovelle ausgelösten „massiven Entwertung“ kommunalen Vermögens.

Netz auf Großkraftwerke ausgerichtet, nicht auf viele Solaranlagen

Die Angst der Stadtwerke-Bosse paart sich mit Unverständnis. Denn Veränderungen der bestehenden Regelungen halten die Versorger für durchaus sinnvoll. Der Umbau der Netze ist für das Gelingen der Energiewende von zentraler Bedeutung. Die bestehende Netz-Infrastruktur mit ihrer Ausrichtung auf wenige Großkraftwerke muss angepasst werden an den Flickenteppich der über das ganze Land verteilten Solar- und Windstromanlagen.

Die Folge: Moderne Steuerungstechnik muss her, leistungsfähigere Trafos und dezentrale Speichersysteme. „Soll die Energiewende gelingen, darf es hinter den Ausfahrten der großen Stromautobahnen keine Trampelpfade geben“, sagt der VKU-NRW-Vorsitzende, Wuppertals Stadtwerke-Chef Andreas Feicht, dieser Zeitung.

Vorwurf: Gesetzesnovelle hemmt Investitionen

Die Stadtwerke fürchten nun, die geplante Novelle könne sie genau davon abhalten und ganz im Gegenteil die Investitionsbereitschaft der Versorger torpedieren. Damit, sagt VKU-Mann Feicht, drohe das Tempo der Energiewende empfindlich ausgebremst zu werden. Und: Die Energiewende werde noch teurer.

Kernvorwurf der Stadtwerke: Durch verkürzte steuerliche Abschreibungszeiträume und strengere Auflagen bei der Effizienz würden sich Investitionen nicht mehr rechnen. „Wir brauchen Planungssicherheit. Die Neureglung ist das genaue Gegenteil“, so Andreas Feicht. Das Bundeswirtschaftsministerium betonte dagegen auf Anfrage, Ziel der Neufassung sei es, die Investitionsbedingungen zu verbessern und Effizienzanreize zu verstärken. Gleichzeitig müsse man im Interesse der Verbraucher auch die Auswirkungen auf die Strompreise im Blick haben.

Bochum will 20 Millionen in Netze investieren – eigentlich

In Bochum sieht man die Berliner Pläne freilich skeptisch. Die Revierstadt plant, allein in diesem Jahr rund 20 Millionen Euro in ihre Versorgungsnetze zu stecken. „Sollten die Vorschläge in der jetzt bekannt gewordenen Form umgesetzt werden, müssten wir die Investitionsplanung deutlich zurückfahren und weitere Ergebnisbelastungen im Netz hinnehmen“, sagt Stadtwerke-Chef Spohn. Spohns Dortmunder Amtskollege Guntram Pehlke bezeichnete die Pläne der Bundesregierung als „fundamentalen Angriff auf die Leistungsfähigkeit der Stadtwerke in der Republik“.

Mit Sorge blickt VKU-Landesvorsitzender Feicht besonders auf die Entwicklung im Ruhrgebiet. Denn hier stehen Stadtwerke mit ihren traditionell großen Energiebeteiligungen, die kaum oder nichts mehr abwerfen, derzeit ohnehin unter großem Druck. Die neue Bundesverordnung könnte den Revier-Versorgern jetzt den Rest geben, fürchtet Feicht. Für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Betriebe sei sie eine größere Bedrohung als der Wegfall der Energieerlöse.