Wohnheimplätze sind bereits ausgebucht, Wohnungen auf dem freien Markt teuer. Schwere Zeiten für Erstsemester.
An Rhein und Ruhr.
Der Makler verspätet sich um zwei Minuten. Vor der Haustür kommt Unruhe in die wartende Menge. 14 angehende Studentinnen und Studenten stehen da, einige haben ihre Eltern mitgebracht. Sie alle wollen die kleine Wohnung in Münster. Ein Raum, Küchenzeile, Mini-Bad im Stil der 80er Jahre. Knapp 20 Quadratmeter für 230 Euro warm. „Das ist verdammt viel Geld“, sagt Laura (20), die hier in zwei Wochen mit dem Jura-Studium anfängt. Sechs Wohnungen hat sie schon besichtigt, sechs Wohnungen hat sie nicht bekommen. So wie der jungen Duisburgerin geht jetzt vielen Uni-Anfängern. Längst nicht alle studieren in der Nähe ihres Elternhauses und können notfalls im „Hotel Mama“ bleiben. Was ist die beste Möglichkeit, irgendwo unterzukommen?
Beliebt sind Wohnheime. Aber nur zehn Prozent der Studenten wohnen nach Angaben des Deutschen Studentenwerks (DSW) in Wohnheimen, in NRW sind es knapp nur neun. Für das kommende Semester fehlen laut Berechnungen des DSW etwa 25 000 Wohnheimplätze.
Die Universität Duisburg/Essen bietet 2500 Plätze an drei Campi an. Es gibt sieben Wohnheime in Essen und Duisburg. In Essen stehen 1400 und in Duisburg 870 Plätze zur Verfügung. Außerdem gibt es noch zwei Wohnheime mit insgesamt 150 Plätzen. „Zur Zeit sind die aber voll. Das ist ganz neu in Essen“, sagt Petra Karst vom Studentenwerk Essen. In Mülheim und Duisburg kenne man das aber schon. „Es tut uns daher leid, dass wir den Erstis jetzt gerade keine Plätze anbieten können.“
Wer in der Nähe wohnt, sollmit der Bahn kommen
Die Studierenden müssen sich online in eine Warteliste eintragen – dabei können sie die Stadt aber nicht ein Wunschwohnheim eingeben. „Das würde sonst die Platzvergabe zu sehr einschränken“, erklärt Karst. Dabei werde darauf geachtet, dass Studenten aus den jeweiligen Städten oder aus einem 50-Kilometer-Umkreis ganz unten auf die Warteliste kommen.
Bis 50 Kilometer Entfernung pendeln
„Immerhin kennen die sich hier ja aus und wir wollen Erstsemester ohne Kenntnisse über die Region eine Chance geben, eine Wohnung zu finden“, erklärt Karst. Außerdem könnten Studenten aus der Region mit dem NRW-Ticket zur Uni pendeln. „Das geht mit unserem Semesterticket auch gut von weiter weg“, sagt Karst, da das Ticket in ganz NRW gültig sei. Sechs Semester können Studierende in dem Wohnheim bleiben. Danach müssen sie einen Antrag auf Verlängerung stellen.
Ein sehr beliebtes Wohnheim ist die Brücke am Campus Essen. Das wird vom evangelischen Studierendenzentrum betrieben. „Bei uns kommen zwischen zehn und 20 Bewerber auf einen Platz“, erklärt Eva Kopka von der Brücke. Das Auswahlverfahren läuft hier aber nicht über eine Warteliste sondern die Bewohner kümmern sich um einen passenden Mitbewohner. Sie schreiben das Zimmer aus und casten die Bewerber. „Letztlich kann ich immer ein Veto einlegen, aber das ist noch nie passiert“, so Kopka. Die Brücke ist aber für das kommende Semester voll. Vereinzelt würden vielleicht zum 1. November noch Plätze frei.
Hotel Mama immer beliebter
Das „Hotel Mama“ wird immer beliebter. Laut Schätzungen des Deutschen Studentenwerkes leben etwa 20 Prozent aller Studenten bei ihren Eltern. Das sind viel mehr als noch vor 30 Jahren. Grund seien die immer besseren Beziehungen zwischen Eltern und Kindern. Ein Vorteil für beide Seiten, erklärt Jugendforscher Klaus Hurrelmann: „Für die Kinder ist es bequem und günstig. Und die Eltern profitieren vom digitalen Wissen ihrer Kinder.“
Innovativer waren da schon die Wohnwürfel, die seit 2005 in München stehen. Auf 6,8 Quadratmetern leben die Studenten mit Dusche und Küche, eng wie Konservendosen, aber mit allem ausgestattet. Das Konzept der Wohndose setzte sich nicht ganz durch. Köln winkte ab, und auch in München ist es bei wenigen Besichtigungsobjekten geblieben.
Wohnen im Energiesparhaus
Innovationen gibt es auch in NRW. Die Ende 2012 fertiggestellte studentische Wohnanlage Ostersiepen des Hochschul-Sozialwerks Wuppertal hat bereits drei bundesweite Auszeichnungen erhalten. Der Bau besteht aus drei energiesparenden Holzhäusern und ist ein Bindeglied zwischen Innenstadt und Universität. Die Anlage bietet Platz – für 84 Studenten.
103 000 Erstsemester beginnen in NRW nun ihr Studium, so Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD). Das sind 6000 zwar weniger als im Vorjahr. Trotzdem suchen viele von ihnen verzweifelt nach einer Bleibe.