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Akademischer Blick auf die Bühnen

Bochumer Theaterwissenschaftler schreiben über ihre Bühne

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Foto: WAZ FotoPool / Olaf Ziegler
Das Institut für Theaterwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum legt mit „Schauplatz Ruhr – Jahrbuch zum Theater im Ruhrgebiet“ eine Leistungsschau vor. Lehrende und Studierende des Studiengangs äußern sich darin zu Einzelinszenierungen und den Gesamtkonzepten von Institutionen und Festivals.

Bochum. 

„Das ganze Ensemble hatte Hunde und roch nach Hund.“ Die Rede ist von der Schauspielhaus-Bochum-Besatzung zur Zeit von Peter Zadek und Rainer Werner Fassbinder in den mittleren 70er-Jahren. Diese geruchsspezifische Historisierung ist einem Interview in der neuesten Ausgabe von „Schauplatz Ruhr“ zu entnehmen, dem Jahres-Heft, das das Institut für Theaterwissenschaft der Ruhr-Universität und die Fachzeitschrift „Theater der Zeit“ gemeinsam herausgegeben haben.

Akademisch-künstlerische Betrachtung

Auf 112 Seiten stehen aber weniger Anekdoten als vielmehr eine akademisch-künstlerische Betrachtung der Theaterszene an der Ruhr im Mittelpunkt. Lehrende und Studierende haben sich sowohl einzelne Inszenierungen wie auch Gesamtkonzepte von Institutionen und Festivals näher angesehen und öffnen zumeist interessante Perspektiven. Einer der Schwerpunkte ist dabei die Ruhrtriennale, die in gleich acht längeren Arbeiten seziert wird. Bochumer Aspekte stehen ebenfalls oft zur Debatte: ausführliche Inszenierungsbesprechungen sind zu lesen über „Richard III“ und „Was ihr wollt“ von Roger Vontobel sowie „Draußen vor der Tür von David Bösch am Schauspielhaus. Lange Interviews geben einerseits Annette Dabs über ihre Fidena („Die Arbeitsbedingungen sind defizitär aufgrund von Personal- und Finanzmangel“), andererseits der Schweizer „Spurensucher und Echosammler“ Hans-Peter Litscher, der bald am Schauspielhaus seinen Mythen-Abend zeigen wird. Von ihm stammt auch die einleitende Hundeduft-Passage.

Großzügiger Druckkostenzuschuss

Das hoch professionell gemachte und äußerst materialreiche Magazin erschien bereits einige Male, Jahr für Jahr gibt es aber Schwierigkeiten mit der Finanzierung. Diesmal machte ein „großzügiger Druckkostenzuschuss“ (Editorial) des Regionalverbands Ruhr die Publikation möglich.

Laut den Herausgebern vom Theaterwissenschaftlichen Institut, Meike Hinnenberg, Guido Hiß und Robin Junicke gehöre „zum Programm“ von Schauplatz Ruhr, dass „die Auswahl der Gegenstände und die besondere Art der Beschäftigung damit bisweilen andere Blickwinkel öffnen als die institutionalisierte Kritik“.

Fundgrube für Theaterfans

Tatsächlich ist es insbesondere die Ausführlichkeit und Tiefe der Analysen, die Schauplatz Ruhr zu einer Fundgrube für offene Theaterfans macht. Nicht immer leichte Lektüre-Kost, aber zumeist keine zu trockene akademische. Die Nähe – geografisch und oft auch praktisch – der jungen Wissenschaftler zum Objekt trägt hier (Lese)Früchte.

Mit dieser Publikation untermauert Bochum einen oft behaupteten Status als Theaterstadt – natürlich inmitten vieler anderer Ruhrgebiets-Theater-Standorte.

Ruhr Universität Bochum