Eine Zumutung ist das. Der Text, eine enlose Litanei aus Zitaten zwischen Hochkultur und Boulevard, aus Medien und Mucke, ewige Wiederholungen, Phrasendrescherei und delirierenden Sentenzen, ein Wahnsinn. Für Schauspieler wie für Zuschauer. Doch diese Zumutung hier im Rottstr 5 Theater – „Krieg“ heißt sie und stammt von Rainald Goetz“, inszeniert hat Hans Dreher – ist eine notwendige. Ein Fanal für ein direktes, schnelles, angriffslustiges, sinnliches Theater.
Seine Figuren sind Kneipenphilosophen, Absturzprominenz, Revolutionäre, Theatergänger, Managertypen und allerhand andere „mündige Bürger“ wie auch „Soldaten“. Sie sprechen, nein, plappern, brambasieren, labern, referieren, bellen ohne Unterlass, über Wissenschaft und Revolution, über Theater und Wirtschaft, übers Saufen, Kaufen und Krieg führen. Antriebsstoff aller ist Bier, einfallsreich weiß die Inszenierung fantasievollste Darreichungsformen des Gestensafts aneinanderzureihen, ohne freilich das Publikum zu vergessen, „Prost, Prost, Ihr Ärsche, Klassenkampf“. Und klirr, wieder Glasbruch.
Regisseur Hans Dreher kann auf tolle Darsteller zurückgreifen, Kinga Prytula, Bernhard Glose und Linus Ebner bändigen das Textmonstrum mit extrem viel körperlichem Einsatz und einem beachtlichen sprachlich-rhetorischen Zugriff. Sie führen die Figuren nicht vor, kein falscher, kein Kabarett-Ton ist zu hören. Der textliche Wahnsinn wird ausagiert, erst durch diese stete Ambivalenz und Ernsthaftigkeit entwickelt sich eine Komik, allerdings eine hochböse, fast zynische. Ja, so wird wirklich gesprochen, überall. Und nicht nur in den 80ern, als das Stück entstand. Ein Zumutung ist das.