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Chronik: So verlief die Bomben-Entschärfung in Dortmund

Chronik: So verlief die Bomben-Entschärfung in Dortmund

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Bombe an Haken: Diese 1,8 Tonnen hielten am Sonntag Dortmund auf Trab. Foto: Stefan Reinke
16.500 Dortmunder mussten am Sonntag ihre Wohnungen und Häuser verlassen: In Hörde wurde ein 1,8-Tonnen-Blindgänger entschärft. Mal wieder nutzten Einbrecher die Evakuierung zum Diebeszug – aber das Ordnungsamt rettet wohl auch einem Anwohner das Leben.

Dortmund. 

  • Die Entschärfung war um 14.41 Uhr geschafft.
  • 16.500 Anwohner von Dortmund-Hörde waren evakuiert.
  • Neben der 1,8-Tonnen-Luftmine lagen auch drei Brandbomben.
  • Die Evakuierung lief besser als gewöhnlich.
  • Zwei Einbrecher wurden im Sperrgebiet geschnappt.

15.14 Uhr: Mit einer guten Nachricht beenden wir unseren Ticker: Das Ordnungsamt hat bei seinem Kontrollgang durchs Sperrgebiet auch ein Menschenleben gerettet. Die Erklärung bleibt zwar schwammig. Aber eine „hilflose Person“ habe sich in ihrer Wohnung durch Klopfen bemerkbar gemacht. Der Schlüsseldienst öffnete die Tür – der medizinische Notfall endete glimpflich.

15.08 Uhr: Die Polizei hat noch keine Erkenntnis über mehr Einbrecher als den zwei vorhin gefassten. Die Beamten bitten aber darum, Einbrüche sofort zu melden – jetzt, wo alle Evakuierten wieder in ihre Wohnungen zurückkehren.

14.55 Uhr: Jetzt sind auch die Straßen wieder freigegeben. Also auf nach Hause! Das bisschen Rückreise-Chaos ist bald auch geschafft.

14.54 Uhr: Am Ende waren 711 Anwohner in der Westfalenhalle untergekommen. Gleich werden sie mit sechs DSW21-Bussen nach Hörde zurückgebracht.

14.41 Uhr: Die Entschärfung ist geschafft – die Sperrungen werden gleich aufgehoben. Erst muss aber das Wilo-Gelände gesichert werden. Danke an alle Helfer! Vor allem natürlich ein großer Dank an unser Feuerwerker-Duo Schröder/Woitschek für ihren Einsatz!

14.39 Uhr: Der Luftraum über Hörde ist wieder freigegeben, twittert der Flughafen. Klingt nach einem nahen Ende!

14.20 Uhr: Die Entschärfung läuft noch. Hoffen wir, dass sie nicht endet wie in Viersen, Göttingen, Euskirchen oder München-Schwabing. Da ging entweder die Entschärfung schief, oder die kontrollierte Sprengung lief außer Kontrolle. In einem Fall kam auch ein Baggerfahrer ums Leben, als die Baggerschaufel beim Graben auf die unentdeckte Bombe schlug und der Blindgänger hochging.

14 Uhr: Wie meistens sind auch jetzt die Feuerwerker Karl-Friedrich Schröder und Rainer Woitschek vom Kampfmittel-Beseitigungsdienst der Bezirksregierung Arnsberg am Werk. Sie haben in Dortmund bislang alles geknackt – wir sind also in guten Händen. Zwei Detonationen kann es dennoch geben: Wahrscheinlich muss der Sprengkopf gezündet werden.

13.42 Uhr: Die Entschärfung läuft – Daumen drücken!

13.40 Uhr: Die 500-Kilo-Bombe aus Mainz hängt schon entschärft am Haken. Es mussten ja auch „nur“ 8500 Anwohner evakuiert werden.

13.38 Uhr: Jetzt also doch: Die Polizei hat im geräumten Bereich zwei Einbrecher festgenommen – mit Einbruchswerkzeug und Diebesgut. Da halfen auch Hubschrauber und Zivilbeamte nicht.

13.10 Uhr: Ab 13.20 Uhr steht auch der Bahnverkehr. Auch der Luftraum ist jetzt gesperrt – der letzte Flieger aus Turnisor/Ungarn ist um 13 Uhr in Dortmund gelandet. Es wird also ernst! Die Entschärfung wird wohl 45 bis 60 Minuten dauern. Gegen 14.15 Uhr könnte es also geschafft sein!

12.56 Uhr: Die B54 ist jetzt gesperrt – die Bahn bereitet sich darauf vor, den Bahnhof Hörde nicht mehr anzufahren.

12.51 Uhr: Wie auch immer – aber zehn Flüchtlinge habe sich bis zum Erstaufnahme-Heim ins gesperrte Hacheney durchgeschlagen. Heimbetreiber European Homecare holt sie jetzt ab und bringt sie in die Westfalenhalle. Hier waren am Morgen schon sechs Flüchtlinge aus Afrika angekommen. Totmüde von den Strapazen der Reise wollen sie nichts anderes als schlafen. Die wenigen Feldbetten sind aber für Kranke und Alte reserviert. Zwei Pflegekräfte kümmern sich um sie.

12.40 Uhr: Essen is fertich: In der Westfalenhalle werden 500 Mahlzeiten ausgegeben. Nudeln mit Gemüse. 15 Portionen musste die Feuerwehr allerdings nachliefern, weil ein paar ältere Evakuierte nur pürierte Nahrung schlucken können.

12.31 Uhr: Dortmund ist heute übrigens nicht allein: Auch in Mainz wird eine Bombe entschärft. Sie gehört allerdings zum „Standard-Repertoire“ und wiegt nur 500 Kilo. 8500 Menschen im Umkreis von einem Kilometer werden in Main evakuiert.

12.24 Uhr: In der Riesen-Hochhaussiedlung am Clarenberg stockt die Kontrolle der Behörden. Offenbar geht es hier langsamer voran als geplant – um 13 Uhr soll die Evakuierung eigentlich geschafft sein. Zusätzliche Polizisten sollen helfen. Offenbar haben sich zwei Bewohner geweigert, ihre Wohnung zu verlassen.

Ein BVB-Heimspiel hätte wohl im Chaos geendet 

12 Uhr: Bei der Groß-Evakuierung in Hombruch vor einem Jahr waren Einbrecher in mehrere evakuierte Wohnungen eingestiegen. Blüht uns das heute auch? Es ist zwar ein Hubschrauber im Einsatz, der „verdächtige Personenbewegungen“ meldet. Aber ganz verhindern kann die Polizei es wohl nicht. In einem Radius vom 1500 Metern können die Helfer nicht in jedes Gebüsch udn jede Mülltonnen schauen und kontrollieren, ob sich dort ein Einbrecher versteckt hat.

11.48 Uhr: OB Sierau meint, dass alle Evakuierten bis zum Anpfiff BVB–Frankfurt um 17.30 Uhr alle Evakuierten wieder in ihrer eigenen Wohnung sind. Er tippt auf eine Rückkehr ab 15 Uhr. Gut, dass es kein Heimspiel ist – das Chaos wäre wohl groß, zumal auch die B54 während der Entschärfung gesperrt und der Bahnverkehr gestoppt wird. Um es mit dem Worten von Twitterin @laarams09 zu sagen: „Heute schlägt die #dobombe in Frankfurt ein!“

11.33 Uhr: Alles in allem klingt es nach dem selben Zeitplan wie im November 2013. Damals lag eine Luftmine im Gewerbegebiet Kieferstraße in Hombruch. 20.000 Anwohner mussten raus. Gegen 16.20 Uhr war alles wieder gut.

11.09 Uhr: Jetzt gibt’s auch eine Zeit für die Entschärfung: Gegen 14 Uhr soll der Sprengstoffexperte ran. Die Kontrollen der Sperrzone sollen gegen 13 Uhr abgeschlossen sein. Die drei Phosphorbomben (30 cm lange Stabbrandbomben) sind bereits entschärft, die Luftmine ist mit Bagger, Schaufel und Hacke freigelegt. Die Evakuierung sei eine halbe Stunde vor Plan, so die Feuerwehr, und auch die Krankentransporte laufen gut.

10.40 Uhr: Ein paar Eindrücke aus der Arbeit des Ordnungsamtes: Um 10.15 Uhr klingelten die „Evakuierer“ an der Wellinghofer Straße ein verkatertes Pärchen aus dem Bett. Sie hätten nichts von der Bombe mitbekommen, meinten sie. Weg müssen sie trotzdem. Ein anderer Fall: Wilhelm Sieweke (90) weigerten sich erst, sein Haus zu verlassen. Er habe am 4. Mai 1943 den Bombenangriff auf Hörde miterlebt, als er gerade auf Heimurlaub war. An der Front wäre es sicherer gewesen, habe er damals gedacht. Hörde brannte.

10:32 Uhr: In der Westfalenhalle 2a gab’s heute Morgen einen fliegenden Wechsel: Wo gestern Abend noch die Kinderlachen-Gala stattfand, baute das DRK ab 5.30 Uhr Tische, Bänke und Liegen für die Evakuierten auf. Alle anderen Hallen sind voll. Bislang sind 500 Anwohner in die Halle gekommen, die meisten davon Senioren und Familien mit Kindern. Ausgelegt ist die Halle 1500 Menschen.

10.15 Uhr: Die zwei Phosphorbomben neben der Luftmine werden die Entschärfung wohl doch nicht erheblich verzögern, meint Stadtsprecher Hans-Joachim Skupsch. Sie werden nicht vor Ort entschärft, sondern in einem sicheren Metallbehälter zum Zerlegebetrieb gekarrt. Sie wiegen auch nur 15 Kilo. Aber 15 Kilo Phosphor brennen wie die Hölle… Allerdings: Wenn dort zwei Brandbomben liegen, werden sicher noch mehr gefunden.

10 Uhr: Am Phoenix-See warten viele Evakuierte vor den Cafés – und sind sauer: Einige hatten zwar gestern noch Reservierungen für 9.30 Uhr angenommen, aber jetzt machen sie doch erst später auf. Oder gar nicht, wegen der Bombe. Dabei liegt der See knapp außerhalb der Zone. Viele Evakuierte wollten noch gemütlich frühstücken, wenn’s schon zuhause nicht mehr geht.

9.52 Uhr: Die Luftmine ist nicht alles: Die Bombenexperten der Bezirksregierung Arnsberg haben neben dem „Wohnblock-Knacker“ (die Erklärung gab’s um 9 Uhr, s.u.) noch zwei Brandbomben gefunden. Das wird die Entschärfung wohl in die Länge ziehen.

9.48 Uhr: Warum ist der Evakuierungsradius eigentlich nicht rund, sondern hat zwei Aussparungen? Die Stadt erklärt es mit der Gelände-Topologie.

9.30 Uhr: Das Seniorenheim am Penningskamp ist gerade erst komplett geräumt worden. Die letzten 26 Bewohner werden weggebracht – 13 davon im Rollstuhl. Sie kommen in umliegenden Heimen unter. Der letzte Evakuierte feiert heute seinen 95. Geburtstag. Leider nicht in den eigenen vier Wänden…

9.22 Uhr: Auch die Polizei macht die Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr in die Wohnung zunichte: Unserem Reporter vor Ort sagten sie, dass wohl erst gegen 16 Uhr alles wieder normal laufen wird.

9.14 Uhr: Schwierig war auch die Absicherung des Gas-Produzenten Air Liquid auf Phoenix-West: 47 Lkw haben die gelagerten Gase abtransportiert. Das Werk wird vorübergehend außer Betrieb genommen.

9.10 Uhr: Das Hörder Zentrum ist jetzt komplett gesperrt. Ab jetzt kontrollieren Polizei und Ordnungsamt, ob auch alle 16.500 Anwohner den Sicherheitsbereich verlassen haben.

Wieso heißt eine Luftmine auch „Wohnblock-Knacker“? 

9 Uhr: Was ist eigentlich eine Luftmine? Anders als „normale“ Fliegerbomben wiegen sie nicht nur 250 oder 500 Kilo – sondern 1,8 Tonnen. Davon sind allein 1,5 Tonnen TNT-Sprengstoff, weil Luftminen dünnwandiger sind als andere Bomben. Die Alliierten warfen die sogenannten „Wohnblock-Knacker“ über Wohngebieten ab, um einen Feuersturm vorzubereiten: Sie hatten eine enorme Sprengkraft und deckten mit ihrer Druckwelle viele Dächer ab. Danach wurden Brandbomben abgeworfen, die direkt in die freiliegenden Holz-Dachstühle fielen und alles in Brand setzten. Die Briten nannten ihre Luftminen übrigens liebevoll „Cookie“.

8.56 Uhr: So langsam wird’s trubelig im Evakuierungsradius: Viele Autos fahren raus, leere Bahnen der U41 fahren rein und bringen letzte Fahrgäste raus in die Innenstadt, Menschentrauben verlassen den Sperrbereich. Die Polizei beginnt, Absperrungen aufzubauen.

8.46 Uhr: Der logistische Aufwand ist hoch: Für die Evakuierung müssen allein 1000 Mitarbeiter der beteiligten Behörden ran: 119 vom Ordnungsamt, 400 Feuerwehrleute, 400 Polizisten, Dutzende vom Tiefbauaumt. 130 meist ältere Anwohner haben sich beim DRK gemeldet und einen Krankentransport angefordert. Aus dem Flüchtlingsheim in Hacheney werden gerade die letzten Menschen nach Hemer in eine andere Aufnahmeeinrichtung gebracht. Andere sind schon seit gestern in Unna-Massen.

8.32 Uhr: Rund um den Bomben-Fundort beim Pumpenhersteller WILO an der Nortkirchenstraße herrscht… nein, keine Bombenstimmung. Den schlechten Scherz verkneifen wir uns. Stattdessen sieht’s momentan so aus: Mehrere Menschen innerhalb der Absperrung, einige blicken ruhig und gelassen ins Loch. Ein Bagger baggert. Seit dem Fund am Mittwoch war der Blindgänger abgedeckt und wird jetzt wieder freigelegt.

8.13 Uhr: Die Westfalenhalle 2 ist jetzt geöffnet. Unter Federführung des DRK kümmern sich verschiedene Hilfsorganisation en um ihre „Gäste“. Pendelbusse bringen Anwohner, die nicht bei Freunden oder Verwandten unterkriechen können, zur Halle und später wieder zurück. Erfahrungsgemäß wird es aber nicht besonders voll, vor allem wegen des langen Vorlaufes.

8 Uhr: Bislang ist es im Hörder Zentrum sehr ruhig. Von Polizei oder Ordnungsamt ist kaum etwas zu sehen, der Verkehr fließt fast normal. Einige Anwohner führen ihren Hund noch einmal Gassi. Ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes wartet darauf, seine Absperrgitter aufbauen zu können. Die Sperrungen müssen aber aber erst ab 9 Uhr stehen. Geplant sei ein Ende um 16 Uhr, sagt er.

7.40 Uhr: Die Stadt Dortmund hat mit der Deutschen Bahn folgende Absprache getroffen: Ab 9.05 Uhr hält kein Zug in Hörde. Die RE 57 verkehrt nur zwischen Bestwig und Fröndenberg, die RB 52 zwischen Lüdenscheid und Hagen, die RB 53 zwischen Iserlohn und Schwerte und die RB 59/Eurobahn zwischen Soest und Aplerbeck. Ab Mittag ist auch der Bahnhof Signal-Iduna-Park gesperrt – und die Strecken Stadion–Hörde und Stadion–Herdecke.

7.35 Uhr: Die Evakuierung läuft – und zwar schon seit Samstagabend: Patienten aus Pflegeheimen wurden schon vor dem eigentlichen Entschärfungstag verlegt. Ebenso einige Patienten innerhalb des Bethanien-Krankenhauses: Patienten aus dem Trakt an der Wellinghofer Straße wurden in einen anderen Gebäude-Teil verlegt. Die rund 350 Asylbewerber aus Hacheney wurden in die Nebenstelle nach Unna-Massen gebracht.

7.20 Uhr: Die wichtigsten Infos vorab: Die Bombe (eine 1,8 Tonnen schwere Luftmine) wurde am Mittwoch bei Bauarbeiten auf dem WILO-Gelände gefunden. Am Mittag soll die Entschärfung starten – bis 9 Uhr müssen 16,500 Anwohner ihre Wohnungen verlassen. Der Evakuierungs-Radius beträgt 1,5 Kilometer. Darin liegen auch Bahnlinien, die B54, der Westfalenpark und die Asylbewerber-Aufnahmestelle in Hacheney.