Mit seiner Bombendrohung in der Thier-Galerie wollte ein Unbekannter Angst verbreiten, die Sorge in der Bevölkerung nach den Anschlägen und Amokläufen der vergangenen Woche verstärken. Doch die Panikmache per Enter-Taste scheiterte. Sie förderte vielmehr den Zusammenhalt. Ein Kommentar.
Dortmund.
Eine Bombendrohung auszusprechen ist bescheuert genug. Sie in Zeiten des Terrors zu veröffentlichen ist der Versuch, den Wahnsinn zu überbieten und mit den Ängsten ohnehin schon belasteter und besorgter Bürger zu spielen, um sie zu verstärken.
Ein kurzer Text, der am Dienstag in einem öffentlichen Internetforum geschrieben wurde, dann der Druck auf die Enter-Taste – schon funktioniert der Terrormodus. Da sitzt der Bedroher dann vor seiner Tastatur und dem Monitor und erlebt einen beflügelnden Machtschub: „Ich bestimme.“ Endlich mal ein Erfolgserlebnis. Geil, ne?
Die erhoffte Panik blieb aus
Doch bei der Bombendrohung gegen die Thier-Galerie in Dortmund ist diese Strategie nicht vollständig aufgegangen. Die erhoffte Panik ist ausgeblieben. Besucher reagierten besonnen. Das Personal des Einkaufszentrums und die Polizei handelten professionell.
Mit der Enter-Taste löste der Bedroher nicht das erhoffte Chaos aus, sondern Zusammenhalt unter den Besuchern und Mitarbeitern der Thier-Galerie. Um Mitternacht, also über fünf Stunden nach Beginn des Einsatzes, erhielt einer von etwa 75 wartenden Angestellten ein Geburtstagsständchen, nachdem Kollegen unter freiem Himmel auf einem Klavier gespielt und dazu gesungen hatten. Panik geht anders.
Je deutscher der Hass, desto schlimmer die Rechtschreibung
Zum Beispiel im Internet. Während bei der Evakuierung und der Durchsuchung der Thier-Galerie eine eher ruhige Atmosphäre herrschte, tobten sich im Netz die Pöbler aus. Angela Merkel sei schuldig, Deutschland nicht mehr sicher, als einheimischer Deutscher müsse man Angst um sein Leben haben und Migranten müsse man rauswerfen. Hass- und Wut-Kommentare. Aufgeschrieben, ohne den Täter zu kennen. Und je deutscher der Hass, desto schlimmer die Rechtschreibung. Wenn es das ist, was der Bedroher wollte, hat er sein Ziel dann doch erreicht.
Bleibt zu hoffen, dass die Polizei die Spuren im Internet bis zum Urheber der Bombendrohung verfolgen und die Tat nachweisen kann. Das dürfte dann zu einem Urteil führen. Viel drastischer können sich die zivilrechtlichen Forderungen auswirken: 160 Geschäftsbetreiber können Umsatzausfälle geltend machen. Die Polizei kann ihre Einsatzkosten in Rechnung stellen. So kommt ein sechsstelliger Betrag zusammen. Was für ein Erfolgserlebnis.
2016-07-27 11:50:00.0