Die naive Suche nach dem Glück ist nicht ihre Sache. Der frohe Blick in den Sonnenschein würde Lütfiye Güzel auch gar nicht gelingen. Nach diversen kleinen Büchern mit fein gesponnener, schwarzer Poesie und einem Anti-Roman hat die Duisburger Autorin jetzt mit „Oh, No!“ eine heute selten gewordene Novelle veröffentlicht, die mit lakonischem Sprachwitz und gnadenlosem Blick auf die dunkle Seite des Mondes eine empfehlenswerte Lektüre ist.
Es ist dann eigentlich keine rechte Geschichte, die die mit dem Fakir-Baykurt-Kulturpreis ausgezeichnete und jüngst zur Köln-Mülheimer Stadtschreiberin gekürte Autorin zu erzählen hat. Vielmehr sind es dunkel getönte Impressionen aus einem grauen Alltag, der einfach keine Farbe verträgt. „Ende. Irgendwie war die Wäsche danach noch schmutziger als davor. Ich stopfte sie in den Rucksack und dachte an die Waschmaschine Frida, die man nur für Putzlappen und Hundedecken benutzen durfte. Ein wirklich dreckiger Einstieg in den Tag. Hier war Berlin. Und hier wohnte Y.“ Und dieser Y. gehört nicht zu den Gewinnern im großstädtischen Überlebenskampf und wird von der mit „ich“ präsenten Erzählerin und Hauptperson dieses Buches zum Zahnarzt begleitet, der seinem Patienten schon mit 20 sagte: „Wenn Sie so weitermachen, dann kriegen sie in ein paar Jahren ein Gebiss.“ Y. machte so weiter und kam nicht wieder.
Die Autorin zeigt Sympathie für die einsamen Wölfe und grauen Mäuse, mit denen sie sich solidarisiert: „Ich würde kein Yoga machen, nur damit ich den Dreck in dieser Welt gelassen hinnehmen konnte. Die Lehre der Passivität? Nein.“
Auch von Marxloh ist die Rede, wo die Autorin aufgewachsen und wo sie ihre Eltern zum letzten Mal lebend gesehen hat. Wem es nicht so gerne festlich zumute ist, aber dafür einen klaren Blick auf die Verhältnisse schätzt, der wird der Autorin gerne in ihren verloren gegebenen Stadtteil folgen. Auch wenn das Thema „Migration“ hier kein Thema ist, das ausgesprochen wird, so kommt es doch vor: „Ich setzte mich auf eine Bank neben einer alten Frau mit einem bunten Kopftuch. „Sind Sie krank?“ „Ja immer. Dieses Land macht mich krank. 1977 haben wir 22 Ziegen in unserem Dorf verkauft, um hierher zu kommen.“