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Hitler als plakativer Kronzeuge beim Straßenstreit in Essen

Hitler als plakativer Kronzeuge beim Straßenstreit in Essen

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Foto: WAZ FotoPool
Tabubruch oder Faktenvorlage? Im Rüttenscheider Straßenstreit in Essen wird provokativ nachgelegt. Die Anwohner-Initiative „Irmgard und Ortrud“ hat nun Hitler-Plakate im Bezirk aufgehängt. Für Günter Hinken von der Initiative ist die Aktion „keine Polemisierung“, sondern „eine pointierte Art und Weise historische Fakten“ wiederzugeben.

Essen. 

Sie haben selbst „stundenlang darüber diskutiert, ob wir das nun machen oder nicht“. Was wohl nichts anderes heißt, als: Ja, man kann trefflich darüber streiten, ob es angezeigt ist, die Stimmung vor dem Bürgerentscheid um zwei Rüttenscheider Straßennamen mit einem Plakat anzuheizen, dass Adolf Hitler 1936 mit einem der beiden Straßennamen-Paten zeigt.

Am Ende haben sich jene, die die Umbenennung der Von-Einem- und der Von-Seeckt-Straße verteidigen, dafür entschieden, das Motiv abzusegnen. Weil es, wie Günter Hinken von der Anwohner-Initiative „Irmgard und Ortrud“ betonte, nicht um einen Tabubruch um des Tabubruchs willen ging, sondern darum, die Menschen „zum Nachdenken anzuregen“. Darüber, dass die Männer, die da im November 1937 aufs Straßenschild gehoben wurden „Hitler buchstäblich nahestanden“: „Für uns ist das keine Polemisierung“, so Hinken, „sondern ein Plakat, das auf pointierte Art und Weise historische Fakten wiedergibt“.

Befürworter sehen in ihrem Plakat zweifellos einen Coup

Geliefert hat sie der Von-Seeckt-Biograf Friedrich von Rabenau, von dem nicht nur das Von-Seeckt-Zitat von 1923 über Hitler stammt („Im Ziele waren wir uns einig, nur der Weg war verschieden“), sondern der auch das 1936 bei einem Herbstmanöver im osthessischen Illnhausen entstandene Foto druckte: Das Zusammentreffen mit dem „Führer“ sei für von Seeckt „eine der letzten großen Freuden seines Lebens“ gewesen, schreibt er da.

Die Umbenennungs-Befürworter sehen in ihrem Plakat, das in 250-facher Auflage in Rüttenscheid hängt, zweifellos einen Coup, wollen aber auch

Missverständnisse von vornherein vermeiden: Hitler-nah seien nur die Generäle gewesen, nicht etwa jene, die heute die 1937 eingeführten Straßennamen zu Ehren von Einems und von Seeckts verteidigen, hieß es vorbeugend. Diese Unterscheidung sei man auch den Vertretern des Bürgerbegehrens schuldig, die vorab über das Plakat informiert wurden. „Das war uns sehr wichtig.“

Öffentliche Infoveranstaltung am 22. Januar

Dass man in der Debatte an tatsächlichen oder vermeintlichen Tabubrüchen kaum vorbeikommt, finden die Umbenennungs-Befürworter schon mit Blick auf die jüngste Straßennamen-Debatte in Münster bestätigt: Dort hatte man ein Plakat zur Umbenennung des Hindenburgplatzes in Schlossplatz mit der berühmten Hitlerverbeugung für den Reichspräsidenten bebildert: „Nein zu Hindenburg“, hieß es da.

Und dass sie es ernst meinen mit der ernsthaften Faktensuche, wollen die Gegner der alten Straßennamen auch mit einer öffentlichen Infoveranstaltung am Dienstag, 22. Januar, um 19 Uhr in der Aula des Maria-Wächtler-Gymnasiums an der Rosastraße 75 unter Beweis stellen: Ein wenig Geschichtswissenschaftliches zu den beiden Straßenpaten wird es dort geben, dazu Stehtischgespräche mit Schülern, dem SPD-Landtagsabgeordneten Peter Weckmann und Nazi-Verfolgten aus den beiden Straßen.

„Wenn wir schon in die Debatte einsteigen“, sagt Günter Hinken, „dann wollen wir auch die ganze Geschichte erzählen.“