Der Energiekonzern RWE testet in Essen erstmals einen Supraleiter. Bereits am Dienstag war Spatentisch zur Verlegung des Kabels. Die Technologie könnte die Stromversorgung revolutionieren: Strom könnte so nahezu verlustfrei transportiert werden. Jetzt muss aber erstmal in der Stadt gegraben werden.
Essen wird für den Energieversorger RWE zum spannenden Testfall: Am Dienstag war Spatenstich für die Verlegung eines Supraleiterkabels mitten durch die Innenstadt. „Wir sprechen von einer Weltpremiere“, hieß es dazu gestern bei RWE. Noch nirgends auf der Welt sei ein solch langes Supraleiterkabel durch eine Stadt verlegt worden. „Es befriedigt mich ungemein, dass das in Essen passiert und nicht in China, in den USA oder in Japan“, sagte der Wissenschaftler Johannes Georg Bednorz, der die Technologie miterforscht hat und 1987 den Physik-Nobelpreis dafür erhielt.
Supraleiter sind Leiter auf keramischer Basis. Mit flüssigem Stickstoff auf rund minus 200 Grad Celsius gekühlt, können sie Strom nahezu verlustfrei transportieren. Sie sind normalen Kupferkabeln überlegen, weil sie bei gleichem Leiterquerschnitt viel höhere elektrische Ströme transportieren können.
Erstmal Bauarbeiten in der City
Supraleiter könnten daher einst die Stromversorgung revolutionieren und ein wichtiger Baustein der angestoßenen Energiewende werden. Sie sind leistungsfähiger, brauchen weniger Platz und können so manche Umspannstation ersetzen, was gerade in innerstädtischen Lagen interessant ist, wo Grundstücke ohnehin rar sind. Allerdings steckt die Technologie noch in den Kinderschuhen. In der Praxis soll sie das erste Mal nun in Essen erprobt werden. Oberbürgermeister Reinhard Paß sprach deshalb auch von einem „Ausrufezeichen für die Energiemetropole“ Essen.
Die Essener werden das „Leuchtturmprojekt“ zunächst erst einmal dadurch kennen lernen, dass gebaut wird: Das Supraleiterkabel wird zwischen den Umspannstationen auf der Dellbrügge und der Herkulesstraße verlegt. Die Arbeiten sollen in den nächsten Tagen beginnen, vor allem aber in die Ferien gelegt werden. Unter anderem müssen Teile der Varnhorststraße und am Varnhorstkreisel aufgegraben werden, hieß es.
Testphase läuft bis Ende 2015
RWE will das Kabel Ende des Jahres in Betrieb nehmen. Die Testphase läuft dann bis Ende 2015. In dieser Zeit muss die Technologie zeigen, ob sie einst auch wirtschaftlich sein kann. Derzeit sind Supraleiterkabel noch ein Mehrfaches teurer als herkömmliche Kupferkabel. RWE hofft jedoch, dass die Industrie in Deutschland stärker als bislang in die Herstellung solcher Supraleiter einsteigt. Dann könnten solche Kabel ausgereifter und auch günstiger werden.
13,5 Millionen Euro kostet das Projekt, das unter dem Namen „Ampacity“ läuft, 6,3 Millionen davon gibt der Bund. Auch er hat Interesse daran, dass der Beweis dafür erbracht wird, ob in Essen das Stromkabel der Zukunft liegt.