- Stadt bekommt durch einen Bebauungsplan von 1968 einen Fuß in die Tür
- Vorkaufsrecht gilt aber nur für eine Teilfläche der schrottreifen Häuserzeile
- Anfechtung torpediert womöglich die Pläne der Stadtverwaltung
Essen.
Als Elendsquartier für zugewanderte Rumänen kamen sie in die Schlagzeilen – bis eine groß angelegte Razzia und konsequentes Durchgreifen der Ordnungsbehörden den Schrottimmobilien an der Gladbecker Straße in Essen vergangenen Herbst ein vorläufiges Ende setzte.
Jetzt will die Stadt Nägel mit Köpfen machen und den inzwischen größtenteils zugemauerten Schandfleck an der Ecke Hövelstraße abreißen. Möglich geworden ist dies durch den Versuch von Alteigentümer Zekeriya D. aus Herne, die Häuserzeile an ein Unternehmen seiner Heimatstadt zu veräußern – und dazu durch einen verstaubten, aber nach wie vor rechtsgültigen Bebauungsplan aus dem Jahre 1968. Der sieht vor, diese besonders enge Stelle der Gladbecker wenn möglich aufzuweiten: Ein breiterer Gehweg, ein Parkstreifen, dazu Straßenbegleitgrün könnten die trostlose Ecke spürbar aufwerten, ein neues Mehrfamilienhaus – dann aber deutlich von der Straße zurückgesetzt – würde den benachbarten Innenhof wieder abschirmen.
Zwar hat Alteigentümer D. die Häuserzeile der Stadt gar nicht zum Kauf angeboten, ihr steht aber ein Vorkaufsrecht zu, wenn die jeweilige Fläche nach dem Bebauungsplan für öffentliche Zwecke genutzt werden soll – und genau dies ist an dieser Stelle der Fall.
Politik klatscht Beifall
Kleiner Schönheitsfehler: Die Stadt kann ihr Vorkaufsrecht nur für jene 650 Quadratmeter große Teilfläche ausüben, die im alten Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen ist. Will sie das komplette, knapp 1600 Quadratmeter große Areal nutzen, muss der bisherige Eigentümer dem Kauf zustimmen. Er wird zwar entschädigt, die Summe liegt aber mit 350.000 Euro rund 100.000 Euro unter dem im Kaufvertrag vereinbarten Preis.
Doch damit nicht genug: Inzwischen wurde der Kaufvertrag für die Häuserzeile vom Käufer angefochten. Ob diese Anfechtung juristisch haltbar ist und damit womöglich das Vorkaufsrecht der Stadt erlischt, wird derzeit im Rathaus geprüft. „Wir werden alles tun, um an diese Grundstücke ranzukommen“, sagt ein Kenner der Materie, und die Politik klatscht Beifall: Im städtischen Planungsausschuss wurde das Vorhaben am Donnerstag abgesegnet, die SPD sprach von der Chance, die Attraktivität des Quartiers spürbar zu erhöhen.
Dass die Stadt bei Kaufverträgen dazwischengrätscht, ist zwar nicht an der Tagesordnung, kommt aber gelegentlich vor – zuletzt bei Grundstücken an der Wickingstraße in der Nähe des Bahnhofs Altenessen. Dort ging es darum, unerwünschten Gebrauchtwagen-Handel zu unterbinden.