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Mittelalter-Band Faun – wie Ballermann auf Burg Schreckenstein

Mittelalter-Band Faun – Ballermann auf Burg Schreckenstein

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Bisher spielte die Band Faun zumeist auf Mittelalter-Festivals und hatte dort ihre feste Fangemeinde. Lediglich der kommerzielle Erfolg wollte sich nicht einstellen. Seit die Band mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt, rollt auch der Rubel. Das gefällt aber vor allem den Fans der ersten Stunde nicht.

Bochum. 

Ein wenig ist das wie Disco für Prinz Eisenherz, wenn Faun mit der Aufforderung „Tanz mit mir“ in den letzten Wochen im Fernsehen oder in Videos zu sehen sind. Töne aus merkwürdigen Instrumenten mischen sich da mit rhythmischen Beats, und um sie herum wird gefeiert, gerne auch mitgesungen. Ballermann auf Burg Schreckenstein. In die Top Ten der deutschen Hitparade hat diese ungewöhnliche Mischung die aus der Münchner Umgebung stammende Mittelalter-Band geführt. Fans von früher aber sind entsetzt.

Oliver Pade mag das jetzt nicht überbewerten. Aber ja, sagt der Kopf und Gründer von Faun, „es gibt Leute, die nicht gut finden, was wir zur Zeit machen“. „Obwohl wir uns ja eigentlich gar nicht besonders verändert haben.“ Nur ein wenig kommerzieller sei man vielleicht geworden und damit eben erfolgreicher. Und statt nur auf Mittelalter-Festivals, tritt die Band nun auch schon mal bei Carmen Nebel auf. Von der Nische in den Mainstream in nur wenigen Wochen.

Das Zeitalter wird heutzutage verklärt

Pade ist schon lange unterwegs in der Szene. „Die Ära hat mich schon als Schüler fasziniert“, erinnert er sich. Nach dem Abi wird er Trommler einer Straßentheaterzirkustruppe, lernt Feuer-Jonglage. Statt in Clubs und Kneipen verbringt er die Wochenenden auf Mittelalter-Festivals. Mit Musikern, Gauklern, edlen Damen und Herren. Pade liebt diese Fantasiewelt, aber er will sich nicht in ihr verlieren. Er studiert Mediävistik, die Literatur des Mittelalters. Seitdem weiß er: „Das Zeitalter wird heutzutage verklärt.“ Vielleicht erklärt das, warum so viele Menschen zu den Festivals auf alten Burgen oder großen Wiesen kommen.

Wo Pade sich als Künstler Satyr oder Oliver s. Tyr nennt und singt – mit blondem Haar und blassem Teint zu dunkler Garderobe. 1999 gründet er Faun. In wechselnder Besetzung wird die Band zu einer der erfolgreichsten der Szene. „Pagan-Folk“ nennen sie selbst ihre Musik. Es ist ein weiter Begriff. Pade und Kollegen greifen zu so unterschiedlichen Instrumenten wie Harfe, Laute, Nyckelharpa, Bouzouki, Oud oder Chalumeaux. Und sie singen in mehreren Sprachen, was das Mittelalter so hergibt – von endlos langen Nibelungen-Balladen über Minnesang bis hin zu französischen Tanzliedern.

In Bochum ganz besinnlich

„Wir konnten von unserer Musik leben“, sagt Pade. „Aber über eine gewisse Schwelle sind wir nie herausgekommen.“ Deshalb sagt die Band im vergangenen Jahr zu, als eine große Plattenfirma ihnen einen Vertrag anbietet. Das gleiche Unternehmen hat im vergangenen Jahr „Santiano“ und ihre Seemannslieder in die Erfolgsspur gebracht.

Ein Song aus dem Album „Von den Elben“ ist dann auch eine Gemeinschaftsproduktion mit den singenden Seemännern und wohl einer der „paar Kompromisse“, die Faun für den Vertrag eingehen mussten. Im Gegenzug gibt es TV-Werbung statt Mund-zu-Mund-Propaganda und Hauptabend-Sendezeit statt selbst gedrehtem Youtube-Clip. Für manchen Fan ist alleine das schon „Verrat“.

„Das nächste Album kann ganz anders klingen“

Oliver Pade nimmt sich solche Vorwürfe „zu Herzen“, würde „die Wogen gerne glätten“, denn: „Das nächste Album kann ja schon wieder ganz anders klingen.“ Mehr so wie früher. Die Tour, die gerade begonnen hat und Faun am heutigen Samstag auch in die Bochumer Christuskirche führen wird, tut das bereits.

Da spielen Faun ohne Schlagzeug, ohne Beats, nur akustisch. Mystisch soll es werden und besinnlich. Von Party keine Spur. „Wer die neuen Lieder hören will, muss bis November warten“, sagt Pade. Kurzfristig habe sich nichts um- oder neu buchen lassen.

„Der Erfolg“, sagt der Sänger, „ist dann doch ein wenig schneller gekommen, als wir alle gedacht haben.“