Gurke, Pizza, Tageslicht – die sechs schrägsten EU-Regeln
Die EU hat im Laufe ihres Bestehens einige Verordnungen hervorgebracht
In Brüssel ist sogar der Krümmungsgrad von Obst und Gemüse geregelt worden
Auch die Warnhinweise auf Zigarettenschachteln gehen auf die Kappe der EU
Berlin.
Vor 60 Jahren wurden mit den römischen Verträgen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) geschaffen – und damit die Vorläufer der Europäischen Union. Seit dem bestimmen die europäischen Behörden unser Leben. Wir blicken auf die umstrittensten und skurrilsten EU-Regelungen aus den vergangenen 60 Jahren:
• 1. Die Gurkenverordnung
Die Gurkenverordnung gilt als Klassiker für die angebliche Regelungswut der EU. In der EWG-Verordnung 1677/88 von 1988 sind die Handelsklassen beschrieben, in denen Gurken verkauft werden dürfen. Zur Belustigung von Beobachtern hat beigetragen, dass sogar der Krümmungsgrad der Gurken im Detail festgeschrieben wurde. In der Handelsklasse I durfte die Krümmung maximal einen Zentimeter auf zehn Zentimeter Länge betragen. Die Verordnung wurde im Jahr 2009 aufgehoben.
• 2. Die Bananenverordnung
Wer Gurken die Krümmung vorschreibt, der macht auch die Bananen krumm, lautete lange Zeit ein Gerücht zur EG-Verordnung 2257/94. Doch in der Verordnung wurde der Krümmungsgrad von Bananen in Wirklichkeit gar nicht geregelt. Es ging lediglich um die Größe zur Einordnung in Handelsklassen. Die Handelsklasse I entspricht demnach einer Mindestlänge von 14 Zentimetern – und einer Dicke von mindestens 2,7 Zentimetern.
• 3. EU riskiert Verkaufsverbot von Smartphones
Ab Juni 2017 müsste eigentlich eine EU-Richtlinie greifen, damit weiterhin Smartphones und Tablets mit 5-GHz-WLAN verkauft werden dürfen. Dazu ist aber auch die Neufassung einer technischen Norm nötig, doch genau diese wird laut einem Bericht der „Welt“ erst im Herbst 2017 fertig. Die Konsequenz: theoretisch dürften ab Juni in Europa die neuesten Handy-Modelle von Apple, Samsung oder Sony gar nicht mehr verkauft werden. Es sei denn, die Hersteller suchen sich eine neutrale Prüfstelle, die jedes einzelne Modell zertifiziert. Vor allem für Produzenten aus Fernost könnte dies eine kostspielige und umständliche Angelegenheit werden.
• 4. Die Arbeitsstättenverordnung
Mit einer Richtlinie aus dem Jahr 1989 (89/654/EWG) regelte die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), wie Arbeitsplätze sicher und gesund gestaltet werden sollten. Doch erst die deutsche Umsetzung dieser Richtlinie und einiger Zusätze sorgte im Jahr 2015 für Diskussionen. Arbeitsministerin Andrea Nahles hatte einen Entwurf zu einer eigenen Arbeitsstättenverordnung vorgelegt.
Firmen sollten demnach jedem Mitarbeiter einen abschließbaren Spind zur Verfügung stellen. In allen Räumen sollte es Tageslicht durch Fenster geben – also auch in Teeküchen. Deutsche Firmen liefen Sturm – und der Entwurf wurde eingestampft. Die neue Verordnung sieht nun weit weniger strenge Regeln vor.
• 5. Die Pizza-Verordnung
Es gibt nur wenige Menschen, die noch nie eine Pizza gegessen haben. Dabei ist es der EU zu verdanken, dass wir überhaupt wissen, was eine Pizza ist. Bevor in Brüssel im Jahr 2006 die Verordnung 97/2010 beschlossen wurde, schien dies völlig unklar gewesen zu sein. Die Verordnung bezieht sich auf die „traditionelle Spezialität“ Pizza Napoletana. Laut EU-Verordnung muss die Pizza rund sein und einen Durchmesser von maximal 35 Zentimetern aufweisen. In der Mitte darf sie nur 0,4 cm hoch sein, der Teigrand 1-2 cm dick.
Um auch dem Ideal von mediterranem Lifestyle gerecht zu werden, zeigte sich die EU-Kommission aber gnädig und ließ bei den Maßen eine Toleranz von 10 Prozent zu. Nach dieser Verordnung müsste eigentlich in jeder Pizzeria neben Fotos von Michael Schumacher im Ferrari und einem Maskottchen der WM 1990 auch eine Europa-Flagge hängen.
• 6. Die Richtlinie für Tabakerzeugnisse
Seit Mai 2016 gilt innerhalb der EU die Richtlinie für Tabakerzeugnisse (2014/40/EU). Mit der Richtlinie wurden die umstrittenen Warnhinweise auf Zigarettenschachteln eingeführt. Statt des Markennamens blicken Kunden nun auf Raucherlungen und vergilbte oder ausgefallene Zähne, die uns aus den Regalen anlächeln. Ob die Warnungen den Tabakkonsum veringert haben, ist umstritten.