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Frankfurt will die Kiosk-Kultur der „Wasserhäuschen“ retten

Frankfurt will die Kiosk-Kultur der „Wasserhäuschen“ retten

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Wasserhäuschen in Frankfurt Foto: dpa
Nicht nur im Ruhrgebiet sterben die Kioske — auch um die „Wasserhäuschen“ in Frankfurt steht es schlecht. Die Initiative „Linie 11“ will die Trinkhallen retten, mit kreativen Ideen und nicht ohne Eigennutz. Die Betreiber der an der Straßenbahnlinie 11 gelegenen Kiosk-Häuschen freut es.

Frankfurt/Main. 

Die Männer aus Frankfurt teilen mindestens zwei Leidenschaften: Sie fahren gerne Straßenbahn und sie mögen Trinkhallen. Weil es aber von den Kiosken in der Main-Metropole immer weniger gibt, haben sich unter anderem Oliver Tepper, Frederick Löbig, Peter Horst und Frieder Krause zusammengeschlossen. Sie wollen die sogenannten Wasserhäuschen in Frankfurt vor dem Aussterben retten.

Begonnen hat alles im Sommer 2010, erzählt Tepper. Zusammen mit seinen Kumpels fuhr er damals eine Stunde mit der Linie 11 quer durch die Stadt. An jeder der 31 Haltestellen stiegen die Männer aus, schauten sich die Gegend an und tranken etwas an einem der Wasserhäuschen. Zu dieser Straßenbahn-Tour verabreden sie sich seither zweimal pro Jahr.

Was den Männern allerdings auffiel: „Viele Wasserhäuschen waren plötzlich zugenagelt und haben dicht gemacht“, sagt Tepper. Auch die Gründe kennt er: „Supermärkte haben länger geöffnet, Tankstellen erweitern ihr Sortiment. Da ist es schwer für die Büdchen-Betreiber mitzuhalten.“ Noch gebe es schätzungsweise 300 Trinkhallen, Anfang der 1970er Jahre sollen es noch etwa 800 gewesen sein.

Das Büdchen als soziale Plattform

Natürlich bedauern das die Frankfurter Trinkhallen-Fans: „Für die Kunden ist das Büdchen eine soziale Plattform“, sagt Frieder Krause. „Man lernt sich dort kennen und kommt ins Gespräch.“ Peter Horst sieht das ähnlich: „Leider meidet unsere Generation den Kontakt zu den Wasserhäuschen. Schade, denn dort treffen sich Menschen wie eine Familie und suchen die Kommunikation.“

Um das Aussterben aufzuhalten, hat das Quartett die Initiative „Linie 11“ gegründet. Als „Kinder der Stadt“ seien sie bereits in ihrer Jugend mit den Wasserhäuschen in Kontakt gekommen, sagt Tepper. „Für uns sind Wasserhäuschen einfach Kult.“

Hans-Jürgen Hammerschmiedt kennt die „Linie 11“-Initiatoren nicht persönlich. Aber eine „klasse Idee“ sei das, meint er. Hammerschmiedt ist Pächter des ältesten noch erhaltenen Wasserhäuschens Frankfurts, des „Jöst Nummer 1“. „101 Jahre ist es alt“, sagt er nicht ohne Stolz. Seit drei Jahren steht er täglich hinter dem Tresen. So richtig glücklich sieht er aber nicht aus: die Kunden bleiben aus.

„Nein Tanke. Ich hol mein Bier am Büdchen.“

Lange Jahre fuhr Hammerschmiedt Lastwagen. „Ich wollte dann etwas machen, wo ich es etwas ruhiger habe“, erzählt er. „Aber so ruhig sollte es dann doch nicht sein. Ich hoffe, dass es bald wieder richtig läuft.“

Die „Linie 11“ hofft das auch. Um ihr Ziel zu erreichen, haben sich die Freunde einiges einfallen lassen. Es gibt T-Shirts und Aufkleber mit dem Aufdruck „Nein Tanke. Ich hol mein Bier am Büdchen.“ Auf der Internetseite gibt es eine interaktive Karte, in die man Wasserhäuschen eintragen kann. Mehr als 100 sind bereits drauf. Geld verdient die „Linie 11“ damit nicht. „Wir wollen deutlich machen, wie viel Herzblut in so einem Kiosk steckt“, sagt Tepper. (dpa)