Drei Männer auf dem Weg zu einem Höllenritt: Zwei Bochumer und ein Kölner planen eine irre Skitour durch Südamerika. Unter anderem wollen sie als erste Skifahrer drei aktive Vulkane hinunterfahren.
Bochum.
Sonne, Strand und Badelatschen? Das kann jeder in den Sommerferien. Diese drei Männer fliegen lieber so weit in den Süden, dass es dort schon wieder kalt ist: nach Patagonien. Argentinien und Chile, mitten hinein in den südamerikanischen Winter. Dirk Wagener (42) und Kilian Kimmeskamp (31) aus Bochum und der Kölner Akki Bruchhausen (43) sind schneesüchtig. Und der schneearme Alpenwinter hat sie nicht glücklich gemacht.
Würde es ihn geben, dann hätte ihr Suchtberater empfohlen, dass ihnen nur diese eine Therapie helfen kann: Skifahren in den Anden. Aber nicht dieses klassische Touristen-Ding, rein in den Lift, rauf auf den Berg, wieder runter und ab zum Après-Ski. Nein, sie starten eine Ski-Expedition zu noch aktiven Vulkanen. Hundeschlitten werden ihr Gepäck transportieren, während die drei bis zu 4000 Meter hohe, schneebedeckte und aktive Krater aufsteigen – und in totaler Einsamkeit hinunterfahren werden. Keine Pisten, keine Menschen. Nur die drei und die Natur. Sie sind Extremskifahrer, Freerider. „Pisten interessieren uns schon lange nicht mehr“, sagt Dirk Wagener. Sie sind die Männer, vor denen Anton aus Tirol voller Ehrfurcht auf die Knie fallen würde. Oder er würde mit dem Kopf schütteln.
Denn ungefährlich ist das nicht. Das erste Problem könnten sie schon am Flughafen bekommen: Für Flüge nach Buenos Aires ist kein Skigepäck vorgesehen. Und davon haben sie viel. Mehr als 75 Kilo pro Person: Seile und Gurte, um Geröll und steile Passagen bewältigen zu können, Schaufeln und Lawinensuchgeräte. Dazu zwei Paar Skier pro Mann. Fette Latten, fast so breit wie Snowboards. Mit denen könnte man einen Yeti erschlagen.
„Die Bedingungen sind mit einem Winter in den Alpen nicht zu vergleichen“, sagt Akki Bruchhausen. Sie haben mit Vulkanologen gesprochen, schon allein wegen der Feuer- und Aschegefahren, die in Chile lauern. Sie haben Wetterbilder studiert, kapiert, dass es auf den chilenischen Gipfeln sehr stürmisch zugeht, und sie halten Kontakt zu einem Huskyzüchter vor Ort. Dessen jüngste Meldung: „In unserer Region hat die Regierung Katastrophenalarm ausgelöst. Etliche Dörfer sind wegen großer Schneemassen von der Außenwelt abgeschnitten. Unsere Schneemobile bleiben stecken. Aber die Hunde laufen.“ Für andere Reisende würde der Spaß spätestens an dieser Stelle aufhören und sie würden doch lieber nach Mallorca umbuchen.
Man darf das bei allem Risiko nicht als Harakiri-Trip verstehen. Die drei wissen, auf was sie sich da einlassen. Journalist Dirk Wagener und Volkswirt Akki Bruchhausen gehörten zum Skilehrteam des Westdeutschen und des Deutschen Skiverbands. Kilian Kimmeskamp ist Sportwissenschaftler an der Bochumer Uni. Das sind schon Profis.
Im Winter funktionieren sie so: Sobald die Flocken fallen, werden sie nervös. Bei Tiefschnee-Alarm sind sie schneller in den Alpen, als andere Menschen vom Bett ins Bad brauchen. Da steigen sie dann auf Grate, stürzen sich Schluchten hinunter, rauschen zwischen Bäumen durch, ziehen ihre Spuren in jungfräuliche Hänge. „Das ist das Faszinierende am Freeriden: Perlen zu finden, die noch keiner kennt“, sagt Dirk Wagener.
In Argentinien und Chile dürften sie das schaffen. 5000 Kilometer wollen sie in fünf Wochen zurücklegen. VW stellt ihnen für die Transfers zwischen den Bergen einen Geländewagen bereit. Und wenn es keine Straßen mehr gibt, steigen sie zu den Schlittenhunden um. Die sind zuverlässiger als jede Schneekette. In Süd-Chile dann der Höhepunkt: drei Vulkangipfeln, ein feuriger Ritt. Das hat sich noch kein anderer Skifahrer getraut. Irgendwie unheimlich. Die größte Angst? „Hab’ ich vor den Huskys“, sagt Dirk Wagener. Er lacht. Noch.
Die aufregendsten Momente veröffentlichen die drei Extremskifahrer auf ihrer Internetseite: Auf whitehearts.de wollen sie aktuelle Filme, Fotos und Geschichten aus Argentinien und Chile einstellen. Dafür nehmen sie jede Menge Technik-Material mit auf ihre Reise.