Die Briten sind berühmt-berüchtigt für ihre Trinkfestigkeit. Einer aktuellen Studie zufolge ist es um den Alkoholkonsum in England noch schlimmer bestellt als bislang gedacht. Drei von vier Briten trinken demnach offenbar mehr als die empfohlene Tagesmenge.
London.
Großbritannien ist für den exzessiven Alkoholkonsum seiner Bevölkerung bekannt. In internationalen Studien zum Alkoholkonsum belegt England oftmals einen Platz in den Top 5. Nach einer Anfang der Woche veröffentlichten Untersuchung des University College London könnte es um das Trinkverhalten der Engländer noch schlimmer stehen als bisher angenommen.
Die Wissenschaftler verglichen Verkaufszahlen mit den von Teilnehmern selbst geschätzten Angaben aus Umfragen. Fast die Hälfte des gekauften Alkohols fehlte in den von den Teilnehmern genannten Zahlen. Dieser Befund legt nahe, dass rund drei Viertel der Briten mehr als die empfohlene Tagesmenge an Alkohol zu sich nehmen.
Teilnehmer müssen in den Umfragen geschummelt haben
Das empfohlene Tageslimit liegt bei drei Einheiten für Frauen und vier für Männer. Dies entspricht rund drei beziehungsweise vier Gläsern Wein pro Tag. Sadie Boniface, Hauptverfasserin der Studie, sagte dem Rundfunksender BBC zufolge: „Momentan wissen wir noch nicht, wer genau die ‚vermisste‘ Hälfte des in England gekauften Alkohols konsumiert. Unsere Studie nimmt an, dass alle Teilnehmer in den Umfragen zum gleichen Maße geschummelt haben.“
Boniface kündigte an, dass das Wissenschaftler-Team nun die Charakteristika und Motive der Menschen untersuchen wolle, die ihren Alkoholkonsum zu niedrig einschätzten. Sie erwartet, dass Trinkmuster und Gewohnheiten für die Dunkelziffer verantwortlich sind.
Übermäßiger Alkoholkonsum an Feiertagen und im Urlaub
Experten der Organisation Alcohol Concern, die über die Gefahren von Alkoholkonsum aufklärt, erklärten BBC zufolge: „Große Mengen an Alkohol werden nicht angegeben, weil die Betroffenen das Ausmaß ihres exzessiven Konsums nicht zugeben wollen. Oder weil sie den Überblick über die getrunkenen Mengen verloren haben.“ Sie fügten hinzu, dass zudem der übermäßige Konsum an Feiertagen oder während des Urlaubs in Umfragen oftmals nicht berücksichtigt werde.
Sadie Boniface betonte, dass die Untersuchung durchgeführt worden sei, um zu zeigen wie der Alkoholkonsum aussähe, wenn der gesamte verkaufte Alkohol berücksichtigt würde. Sollten sich die Befunde der Universität bestätigen, muss das Trinkverhalten vieler Briten als gesundheitsgefährdend eingestuft werden.
Alkohol soll drastisch teurer werden
Mittlerweile stirbt jeder achte Brite unter 64 Jahren an den Folgen von exzessivem Alkoholkonsum. Die sozialen Kosten, durch Alkoholmissbrauch verursacht, werden in Großbritannien auf jährlich 2,7 Milliarden Pfund (3,1 Milliarden Euro) geschätzt. Entsprechend fordern Wissenschaftler die britische Regierung dazu auf, ihre Richtlinien zum Alkoholkonsum zu überholen und sich nicht auf die Selbsteinschätzungen der Bevölkerung zu verlassen.
Das britische Gesundheitsamt begrüßte die Studie und nannte sie einen Weckruf. Trotz der dramatischen Statistiken konnte sich die britische Regierung bisher nicht auf effektive Maßnahmen zur Prävention von Alkoholismus einigen. Seit Monaten diskutieren Politiker verschiedene Entwürfe. Zu den drastischsten Vorschlägen zählt eine Preiserhöhung alkoholischer Getränke auf ein Minimum von 0,45 Pfund pro Einheit. Und das Verbot von „Zwei zum Preis von Einem“-Angeboten, die den Alkoholkonsum in England in den vergangenen Jahren um 20 Prozent ansteigen ließen. (dapd)