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Das ewige Fräulein

Sogar Sarkozy liebt Mireille Mathieu

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Foto: Sergej Lepke / WAZ FotoPool

Essen. 

Am Freitag feiert sie Geburtstag, wird 65 Jahre alt. Man sieht ihr das Alter aber nicht an, wie sich zuletzt Anfangs des Jahres gezeigt hat. Da war Mireille Mathieu zu Gast im Pariser Élysée-Palast, wo Nicolas Sarkozy sie zur Offizierin der Ehrenlegion machte. „Die französischste unserer Künstlerinnen und gleichzeitig die internationalste“, nannte er sie dabei und gestand: „Ich liebe sie.“ Damit ist er kein Einzelfall.

Vor allem die Deutschen haben seit Jahrzehnten eine besondere Schwäche für die kleine Französin. Von den mehr als 120 Millionen Alben, die Mathieu im Laufe ihrer Karriere verkauft hat, wanderte ein Drittel in Deutschland über die Ladentische.

Die meisten davon natürlich in den späten 60er- und frühen 70er-Jahren. Als sich Mathieu „Hinter den Kulissen von Paris“ herumtreibt und der „Akropolis Adieu“ sagt. „Spatz von Avignon“ nennt man sie damals und vergleicht sie ständig mit der großen Edith Piaf. Was allerdings Blödsinn ist. Erst recht in Deutschland, wo sie klassischen Schlager singt, keine Chansons. Aber selbst in Frankreich hinkt der Vergleich. Schon weil Mathieu den Charme einer Kosmetik-Beraterin ausstrahlt und nicht die Verruchtheit einer Femme Fatale. Und weil selbst Chanson-Klassiker wie „Je Ne Regrette Rien“ bei ihr immer nur ein Lied sind, aber nichts, was sie aus eigener Erfahrung kennt.

Arme Familie

Aufgewachsen ist sie als Älteste von vierzehn Kindern in Armut als Tochter eines Steinmetz. Jeden Centime habe man zweimal umdrehen müssen, erinnert sie sich später. Deshalb kann sie auch die Schule nicht beenden. Als Hilfsarbeiterin in einer Konservenfabrik muss sie schon früh für das Auskommen der Familie mitarbeiten und auch zu Hause mit Hand anlegen. Hart ist das, aber es prägt. Denn es lehrt Bescheidenheit. „Man lernt zu teilen.“

Vielleicht bleibt sie später deshalb immer auf dem Boden. Obwohl der Aufstieg steil ist, nachdem sie in der sonntäglichen Talentshow „Télé-Dimanche“ entdeckt worden ist. Schon kurz darauf steht die damals 17-Jährige auf der Bühne des Pariser Olympia und ihre erste Single „Mon Credo“ wird ein Millionenhit. Mehr als 1200 weitere Lieder in elf Sprachen sind bis heute gefolgt. Mathieu hat sie in US-Shows, in Russland und in China gesungen.

1969 erobert sie auch Deutschland. Nur die jungen, die spotten damals. Vor allem über Mathieus Frisur, diesen ewig gleich aussehenden schwarzen Pagenkopf. „Wie Prinz Eisenherz“, scherzen sie. „Aber der trägt wenigstens einen Helm.“ Meistens jedenfalls.

Außer ihrer Frisur, die sie selbst ihr „Markenzeichen“ nennt, bietet die nur 153 Zentimeter große Sängerin damals wie heute allerdings auch keine Angriffsfläche. Es gibt keine Skandale, keine Ausfälle. Häuslich, familienverbunden und religiös sind die Attribute, mit denen Mathieu in den vergangenen mehr als 40 Jahren oft beschrieben wird. Ein ewiges Fräulein, das ständig über die Liebe singt aber beharrlich schweigt, wenn es um ihr Privatleben geht. Das sei ihr „Jardin Secret“, ihr Geheimnis. Nur dass sie mehr als 2000 Lippenstifte besitzt, das hat sie mal bestätigt in einem Interview. Angeblich aber nur, weil sie gut mit dem Leiter einer Kosmetik-Firma befreundet sei.

Gute Gene

Gesprächiger wird Mathieu, wenn es um das Geheimnis ihres Aussehens geht. „Gute Gene“, vermutet sie, spricht aber auch von einer gesunden Lebensweise mit neun Stunden Schlaf pro Nacht, wenig Sonne, keinen Zigaretten und Alkohol nur in Maßen. So vermeide man auch Schönheitsoperationen, die sie „schrecklich“ findet, weil: „Man sieht es im Gesicht.“

2008 hat sie ihre bisher jüngste Platte veröffentlich, im vergangenen Jahr ist sie wieder auf Tournee gegangen. Vermutlich nicht zum letzten Mal. Ans Aufhören denkt sie nach eigener Aussage jedenfalls bisher nicht. Warum auch? „Was ich mache, ist das, wovon ich als kleines armes Mädchen immer geträumt habe“, sagt sie, wenn man sie danach fragt. Man könne das deshalb auch nicht Arbeit nennen: „Es ist mein Leben.“